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Visualisierung historischer Zustände
im digitalen Zeitalter

Chancen und Risiken
für Kunstgeschichte und Denkmalpflege

28. Tagung des Arbeitskreises
deut­scher und polnischer
Kunst­his­to­riker und Denkmalpfleger

Visua­li­sie­rung his­to­ri­scher Zustände
im digi­talen Zeitalter –
Chancen und Risiken
für Kunst­ge­schichte und Denkmalpflege

21. – 23.10.2021

LUX — Pavillon der Hoch­schule Mainz | Lud­wigs­straße 2 | 55116 Mainz

Auf­grund von Corona-Auf­lagen können leider nur bereits ange­mel­dete Refe­ren­tinnen und Refe­renten vor Ort teil­nehmen. Bitte nutzen Sie die Mög­lich­keit der Teil­nahme per Zoom.

Tag 1

21. Oktober 2021

LUX — Pavillon der Hoch­schule Mainz
Lud­wigs­straße 2, 55116 Mainz

Eröff­nung

Mode­ra­tion: Piotr Kuro­c­zyński

8:30Anmel­dung der Refe­renten und Teilnehmer
9:00

Begrü­ßung durch die Präsidentin

Susanne Weissman
Hoch­schule Mainz

9:10 Begrü­ßung durch die Organisatoren

Piotr Kuro­c­zyński
Archi­tek­tur­in­stitut der Hoch­schule Mainz

Mat­thias Müller
Institut für Kunst­ge­schichte und Musik­wis­sen­schaft der Johannes Guten­berg-Uni­ver­sität Mainz

9:20 Grußwort

Dethard von Winterfeld

9:25 Ein­füh­rungs­vor­trag

Ewa Cho­jecka
Schle­si­sche Uni­ver­sität Katowice

Neue Welten:
Struk­tu­relle sowie tech­ni­sche Her­aus­for­de­rungen und Möglichkeiten

Mode­ra­tion: Wojciech Bałus

10:00 Ger­hard Wei­landt, Oleks­anrda Bruns
Uni­ver­sität Greifs­wald, Karls­ruher Institut für Tech­no­logie KIT

Methoden und Her­aus­for­de­rungen einer vir­tu­ellen For­schungs­um­ge­bung am Bei­spiel des Pro­jekts TOPORAZ – Nürn­berger Topo­gra­phie in Raum und Zeit

10:20 Frithjof Schwartz
Staat­liche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg

Raum­da­ten­ge­stützte Werk­zeuge. Neue Methoden zur Ana­lyse funk­tio­naler Bezüge zwi­schen Raum und Betrachter

10:40 Julia Rössel
Deut­sches Doku­men­ta­ti­ons­zen­trum für Kunst­ge­schichte Marburg

Visua­li­sie­rung von Text- und Bild­daten zu Bau­werken in Online-Datenbanken

11:00 Kaf­fee­pause
11:30 Sła­womir Brze­zicki
Herder-Institut Marburg

Wenn der Dehio nur bebil­dert wäre…“ – von einem tex­tu­ellen Erfas­sungs­stan­dard zur Visua­li­sie­rung der Infor­ma­tion über Archi­tek­tur­ob­jekte im digi­talen Medium

11:50 Bernd Kulawik
Bern

Visua­li­sie­rung his­to­ri­scher Zustände im digi­talen Zeitalter
Die Pro­ble­matik der Rekon­struk­tion zukünf­tiger his­to­ri­scher digi­taler Visualisierungen

12:10 Dis­kus­sion
12:40 Mit­tags­pause

Digi­tale quellenbasierte
3D-Rekon­struk­tion als neuer Forschungsraum

Mode­ra­tion: Dietmar Popp

14:00 Fabrizio Nevola, Donal Cooper, Chiara Capulli, Luca Brunke
Uni­ver­sity of Exeter, Uni­ver­sity of Cambridge

Florence4D: Recon­struc­ting Renais­sance Altar­pieces in Flo­ren­tine Churches

14:20 Peter Hein­rich Jahn
Tech­ni­sche Uni­ver­sität Dresden

Digi­tale Plan- und Ent­wurfs­ana­lysen in 2D und 3D baro­cker bau­li­cher Reprä­sen­ta­tionen des pol­ni­schen Königtums

14:40 Piotr Kuro­c­zyński, Karo­lina Jara, Igor Bajena
Hoch­schule Mainz, Uni­ver­sity of Wrocław

Syn­agoge am Anger im Kon­text dreier Glau­bens­ge­mein­schaften – Digi­tale Rekon­struk­tion und Doku­men­ta­tion der Bres­lauer Synagoge

15:00 Kaf­fee­pause
15:30 Fabrizio I. Apol­lonio, Federico Fall­a­vollita, Ric­cardo Foschi
Uni­ver­sity of Bologna

The Pro­blem of Visua­li­zing Uncon­structed or Lost Archi­tec­tural Projects

15:50Dis­kus­sion

Wel­come Dinner

18:00
Zum Grünen Kakadu
Guten­berg­platz 3 – 5, 55116 Mainz

Tag 2

22. Oktober 2021

LUX — Pavillon der Hoch­schule Mainz
Lud­wigs­straße 2, 55116 Mainz

Pra­xis­an­wen­dungen in Bau­for­schung, Denk­mal­pflege und Didaktik

Mode­ra­tion: Lorenz Frank

11:20 Cle­mens Brü­nen­berg
Tech­ni­sche Uni­ver­sität Darmstadt

Aug­mented Recon­struc­tion – Inter­dis­zi­pli­näre Metho­den­ent­wick­lung in den Mixed Rea­li­ties für die his­to­ri­sche Bauforschung

11:40 Sarah Pit­troff
Aka­demie der Wis­sen­schaften und der Lite­ratur Mainz

Von der Rekon­tex­tua­li­sie­rung digi­taler Bilder zur Visua­li­sie­rung his­to­ri­scher Zustände – Model­lie­rung und Kon­tex­tua­li­sie­rung digi­taler Cor­pus­fo­to­gra­fien im Cul­tural Heri­tage Framework

12:00 Piotr Mar­ci­niak
Poznań Uni­ver­sity of Technology

Analog or digital? About phe­no­me­no­logy and archi­tec­tural heri­tage in times of crisis.

12:20 Julia Röttjer
Deut­sches Polen-Institut Darmstadt

Visua­li­sie­rung für eine glo­bale Öffent­lich­keit? Die Prä­sen­ta­tion von Objekten der pol­ni­schen Denk­mal­pflege in der inter­na­tio­nalen Zusammenarbeit

12:40Dis­kus­sion
13:00Mit­tags­pause

Exkur­sion

14:30 Visit of the Guten­berg Museum
14:30 Besich­ti­gung St. Johannis
14:30 Stadt­füh­rung „Rekon­struk­tion der Stadt Mainz nach 1945“
14:30 Besich­ti­gung des Mainzer Rathauses

Abend­vor­trag

Mode­ra­tion: Piotr Kor­duba

in Koope­ra­tion mit dem Lan­des­mu­seum Mainz – Gene­ral­di­rek­tion Kul­tu­relles Erbe Rheinland-Pfalz

Lan­des­mu­seum Mainz
Große Bleiche 49 – 51, 55116 Mainz

16:30 Emp­fang mit Umtrunk und Füh­rung durch das “Digital Urban History Lab – Digi­tales For­schungs­labor zur his­to­ri­schen Stadtentwicklung”
18:30 Krzy­sztof Koszewski
Warsaw Uni­ver­sity of Technology

A pic­ture is worth a thousand… doubts?
Theo­re­tical reflec­tion on digital images.

Tag 3

23. Oktober 2021

LUX — Pavillon der Hoch­schule Mainz
Lud­wigs­straße 2, 55116 Mainz

8:30Ein­lass

Info­börse

Mode­ra­tion: Tomasz Torbus

09:00 Jakub Adamski
Uni­ver­sity of Warsaw

Vor­stel­lung des 12. Bandes aus der Reihe „Gemein­sames Kul­tur­erbe“: Kunst­pa­tro­nage in Mit­tel­eu­ropa zwi­schen Pri­vat­stif­tung und Staatskunst.

09:10 Kris­tiina Ribelus
Esto­nian Aca­demy of Arts

Digi­ta­li­sing cul­tural heri­tage by citizen par­ti­ci­pa­tion: crea­ting a his­toric inte­rior finishes data­base in Estonia

9:20 Julia Brandt
Johannes Guten­berg – Uni­ver­sität Mainz

Die Punkt­wolke als Bild­me­dium zur Visua­li­sie­rung und Dokumentation
his­to­ri­scher Großbauten

9:30 Sander Münster
Fried­rich-Schiller-Uni­ver­sität Jena

Der For­schungs­stand zur 3D-Rekon­struk­tion als wis­sen­schaft­liche Methode: Ein Bericht des DFG-Netz­werkes zur archi­tek­tur­ge­schicht­li­chen Forschung

9:40 Kerstin Peter­mann, Anja Rasche
Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des öst­li­chen Europa (GWZO)

10 Jahre Netz­werk Kunst und Kultur der Han­se­städte – Ergeb­nisse, Pro­bleme und Pläne eines the­ma­ti­schen Forschungsnetzwerks

9:50 Chris­tofer Herr­mann
Johannes Guten­berg – Uni­ver­sität Mainz

Mit­tel­al­ter­liche Archi­tektur in Liv­land (Est­land, Lettland)
Die Bau­kunst einer his­to­ri­schen Grenz­re­gion im Nord­osten Europas

10:00 Anna Bojęś-Białasik, Marcin Szyma
Cracow Uni­ver­sity of Tech­no­logy, Jagiel­lo­nian University

Digital recon­struc­tions of the Domi­nican Church in Cracow

10:10 Kaf­fee­pause

Eröff­nungs­reden

Susanne Weissman

Begrü­ßung durch die Prä­si­dentin der Hoch­schue Mainz

 

Piotr Kuro­c­zyński, Mat­thias Müller

Begrü­ßung durch die Organisatoren

 

Dethard von Winterfeld

Gruß­wort

 

Ein­füh­rungs­vor­trag

Ewa Cho­jecka

Arbeits­kreis deut­scher und pol­ni­scher Kunst­his­to­riker und Denkmalpfleger

 

Das erste Treffen unseres Kreises vor 33 Jahren in Mainz, das sich dar­aufhin als deutsch-pol­ni­scher Arbeits­kreis gestal­tete, fand 1988 statt, wohl­ge­merkt: Ein Jahr vor der Wende. Danach folgte eine Serie all­jähr­lich wech­sel­weise in Deutsch­land und Polen orga­ni­sierter Kon­fe­renzen mit jeweils neuen Themen und For­schungs­er­geb­nissen und mit ständig neu hin­zu­kom­menden Teilnehmern.

Worum geht es diesmal? Kunst­ge­schichte und Denk­mal­pflege im Blick­feld neuer Erkennt­nisse /​Perspektiven/​ Methoden in unter­schied­li­chen Pro­zessen der Digi­ta­li­sie­rung; avan­gar­dis­tisch, zukunfts­wei­send, his­to­risch ver­an­kert, geis­tes­wis­sen­schaft­lich erörtert.

Dabei erscheint die Wie­der­kehr des dies­jäh­rigen Tagungs­ortes mit dem ange­sagten Thema in Mainz fast sym­bol­haft: Ist es doch die Stadt Guten­bergs, wo vieles was wir heute mit­tels Digi­ta­li­sie­rung erreichten, einst in karg bemes­senen tech­ni­schen Begren­zungen den Anfang nahm: Druck und Inku­na­bel­gra­phik- das erste mecha­nisch ver­viel­fäl­tigte Bild und Abbild als Mas­sen­me­dium und kon­zep­tu­elle Scha­blone. Hier scheint die his­to­ri­sche Quelle dessen zu sein, was gegen­wärtig als digi­tale Visua­li­sie­rung gilt. Mehr dazu erfahren wir auf unserer Tagung.

Ewa Sabina Cho­jecka, Kunst­his­to­ri­kerin mit einem Schwer­punkt in der Gra­phik und Malerei des 15. und 16. Jahr­hun­derts sowie in der mit­tel­eu­ro­päi­schen Kunst und Archi­tektur des 19. und 20. Jahr­hun­derts. Beson­deres Augen­merk liegt dabei auf der Kunst­theorie und dem Kulturerbe.
Sie stu­dierte an der Jagel­lo­ni­schen Uni­ver­sität Krakau, an der Sie als Wis­sen­schaft­liche Mit­ar­bei­terin zwi­schen 1958 und 1977 in Lehre und For­schung tätig war (Pro­mo­tion 1959, Habi­li­ta­tion 1969).
In den Jahren 1977 bis 2003 war Sie Inha­berin des von ihr gegrün­deten und auf­ge­bauten Lehr­stuhls für Kunst­ge­schichte der Schle­si­schen Uni­ver­sität in Katowice.
Aktives Mit­glied im „Arbeits­kreis deut­scher und pol­ni­scher Kunst­his­to­riker und Denk­mal­pfleger“ seit dem Initi­al­treffen im Rahmen von den „Deutsch- Pol­ni­sche Uni­ver­si­täts­tagen“ an der JGU Mainz im Jahr 1988.

Neue Welten:
Struk­tu­relle sowie tech­ni­sche Her­aus­for­de­rungen und Möglichkeiten

Ger­hard Wei­landt, Olek­sandra Bruns

Methoden und Her­aus­for­de­rungen einer vir­tu­ellen For­schungs­um­ge­bung am Bei­spiel des Pro­jekts TOPORAZ – Nürn­berger Topo­gra­phie in Raum und Zeit

 

Der „spa­cial turn“ hat in der Archi­tektur-und Kunst­ge­schichte, aber auch in der Geschichts­for­schung dazu geführt, dass his­to­ri­sche Raum­kon­stel­la­tionen zuneh­mend in den Fokus rückten. Digi­tale 3D-Modelle ent­standen in großer Zahl, wobei in der Regel große Anschau­lich­keit, nicht der wis­sen­schaft­liche Nutzen im Vor­der­grund stand. Um dies zu ändern, wurde das Pro­jekt TOPORAZ initi­iert (Nürn­berger Topo­gra­phie in Raum und Zeit, 2015 – 2018 geför­dert von der Leibniz-Gemein­schaft, durch­ge­führt u.a. von FIZ Karls­ruhe und der Uni­ver­sität Greifs­wald, www​.toporaz​.de), fort­ge­führt von dem Fol­ge­pro­jekt TRANSRAZ (2020 – 2023, soeben bewil­ligt). Am Bei­spiel des zen­tralen Platzes in Nürn­berg ent­stand erst­mals eine vir­tu­elle For­schungs­um­ge­bung mit einem wis­sen­schaft­lich fun­dier­ten3D-Modell in meh­reren Zeit­ebenen, um die his­to­ri­sche Ent­wick­lung dieses Stadt­raums (Mit­tel­alter-Gegen­wart) dar­zu­stellen. TOPORAZ kop­pelt in inno­va­tiver Weise dieses inter­ak­tive Stadt­mo­dell mit Quellen (Texte, Bilder), die über eine ver­netzte Daten­bank direkt recher­chierbar sind. Im jetzt bewil­ligten Fol­ge­pro­jekt TRANSRAZ wird der inno­va­tive Ansatz auf die gesamte Alt­stadt Nürn­bergs (ca. 3.000 Häuser) erwei­tert. Erst so können die sozialen Netz­werke Nürn­bergs umfas­send in den Blick treten. Dazu müssen – anders als im Vor­pro­jekt – Big-Data-Methoden zur (teil-)automatischen Quel­len­er­schlie­ßung ange­wandt werden, womit das Pro­jekt eine neue Aus­rich­tung im Sinne Künst­li­cher Intel­li­genz erhält. Ferner werden die geo­re­fe­ren­zierten Daten mit externen Daten­quellen (Archivportal‑D, Druck­werke) ver­knüpft und somit Teil eines welt­weiten Netz­werks. Geplant ist die Erwei­te­rung der vir­tu­ellen For­schungs­um­ge­bung um eine Betei­li­gungs­platt­form im Sinne von „Citizen Sci­ence”, etwa durch die Mög­lich­keit, pri­vate Fotos oder Urkunden in das Modell ein­zu­stellen. Die metho­di­schen Her­aus­for­de­rungen sind fun­da­mental: Wie kann man die benö­tigten großen Daten­mengen adäquat in das digi­tale Modell trans­for­mieren, und wie kann man gleich­zeitig die wis­sen­schaft­li­chen Stan­dards ent­spre­chenden Nach­weise gewähr­leisten, die gerade in Zeiten von „fake news“ unab­dingbar sind? Wie lassen sich die Ana­ly­se­pro­zesse bei der Daten­er­fas­sung gleich­zeitig kon­trol­lieren und trans­pa­rent gestalten? Wie lassen sich die Daten­mengen bewäl­tigen, ohne den kul­tu­rell-his­to­ri­schen Kon­text aus dem Blick zu ver­lieren? Auf diese Fragen können in dem Vortag sicher keine end­gül­tigen Ant­worten gegeben werden, doch sollen unsere grund­le­genden metho­di­schen Über­le­gungen dazu vor­ge­stellt werden. Die metho­di­schen Her­aus­for­de­rungen sind fun­da­mental: Wie kann man die benö­tigten großen Daten­mengen adäquat in das digi­tale Modell trans­for­mieren, und wie kann man gleich­zeitig die wis­sen­schaft­li­chen Stan­dards ent­spre­chenden Nach­weise gewähr­leisten, die gerade in Zeiten von „fake news“ unab­dingbar sind? Wie lassen sich die Ana­ly­se­pro­zesse bei der Daten­er­fas­sung gleich­zeitig kon­trol­lieren und trans­pa­rent gestalten? Wie lassen sich die Daten­mengen bewäl­tigen, ohne den kul­tu­rell-his­to­ri­schen Kon­text aus dem Blick zu ver­lieren? Auf diese Fragen können in dem Vortag sicher keine end­gül­tigen Ant­worten gegeben werden, doch sollen unsere grund­le­genden metho­di­schen Über­le­gungen dazu vor­ge­stellt werden.

Ger­hard Wei­landt stu­dierte Geschichte, Kunst­ge­schichte sowie Sozial- und Wirt­schafts­ge­schichte in Bonn und Mün­chen mit den Abschlüssen Magister (1983) und Pro­mo­tion (1989). Danach arbei­tete er am Würt­tem­ber­gi­schen Lan­des­mu­seum Stutt­gart in einem Aus­stel­lungs­pro­jekt zur Ulmer Kunst um 1500 und anschlie­ßend in einem lang­jäh­rigen DFG-For­schungs­pro­jekt der TU-Berlin (Pro­jekt­leiter Robert Suckale) zur frän­ki­schen Tafel­ma­lerei vor Dürer. Im Jahr 2004 habi­li­tiert er sich in Berlin (TU), seit 2011 ist er als Lehr­stuhl­in­haber Kunst­ge­schichte an der Uni­ver­sität Greifs­wald tätig. Er ver­öf­fent­lichte zahl­reiche Publi­ka­tionen zur otto­ni­schen Kunst, mit­tel­al­ter­li­chen Malerei und Skulptur, Künst­ler­werk­statt, zu Bild­funk­tionen und zur Geschichte des Ost­see­raums. 2015 – 18 und erneut seit 2020 leitet er in Zusam­men­ar­beit mit FIZ-Karls­ruhe ein von der Leibniz-Gemein­schaft geför­dertes Pro­jekt zur 3D-Model­lie­rung der his­to­ri­schen Alt­stadt von Nürn­berg, in dem auf inno­va­tive Weise Text und Bild mit­ein­ander ver­knüpft warden.

Olek­sandra Bruns is a junior rese­ar­cher at FIZ Karls­ruhe and a PhD Stu­dent at Karls­ruhe Insti­tute of Tech­no­logy. After gra­dua­ting in Com­pu­ta­tional Lin­gu­is­tics at Bie­le­feld Uni­ver­sity in 2020, she joined the rese­arch group for Infor­ma­tion Ser­vices Engi­nee­ring. Her rese­arch inte­rests focus on app­lying natural lan­guage pro­ces­sing in semantic web app­li­ca­tions in par­ti­cular for the cul­tural heri­tage domain. Olek­sandra Bruns works on TRANSRAZ pro­ject that aims at buil­ding a digital 3D model of Nur­em­berg and con­nect the archi­tec­tural objects with seman­ti­cally linked data that was extracted from archival resources. She is respon­sible for enri­ching the data with external infor­ma­tion resources related to topo­gra­phies, per­sons, orga­niz­a­tions, places, and events. For this pur­pose a pro­ject-spe­cific onto­logy is deve­loped on which the TRANSRAZ know­ledge graph is based. Moreover, she is a part of several cul­tural heri­tage pro­jects as Archivportal‑D: sub­ject-related points of access, “Wie­der­gut­ma­chung” and NFDI4Culture.

Frithjof Schwartz

Raum­da­ten­ge­stützte Werk­zeuge. Neue Methoden zur Ana­lyse funk­tio­naler Bezüge zwi­schen Raum und Betrachter

 

Seit Ent­wick­lung der Pho­to­gram­me­trie durch Alfred Mey­den­bauer im 19. Jh. werden räum­liche Mess­ver­fahren in Kunst­ge­schichte und Archäo­logie zu Doku­men­ta­ti­ons­zwe­cken genutzt. In diesem Punkt rei­chen die Ansätze zum Ein­satz raum­da­ten­be­zo­gener Tech­no­lo­gien in den Geis­tes­wis­sen­schaften weit zurück – sie wurden indessen fast aus­schließ­lich zur Bestands­dar­stel­lung sowie in der Bau­for­schung genutzt und prägen diese Zwei­geder Kunst­ge­schichte bis heute. Neue Mess­ver­fahren und infor­ma­ti­ons­tech­no­lo­gi­sche­An­sätze erwei­terten diepho­to­gram­me­tri­sche Doku­men­ta­tion. Roger Tom­lynson ent­wi­ckelte in den sech­ziger Jahren des 20. Jahr­hun­derts das erste GIS, das Canada Geo­gra­phic Infor­ma­tion System. Auf der anderen Seite stehen die text­be­zo­gene Daten­er­he­bung und Abfrage in den Geis­tes­wis­sen­schaften. Die moderne Com­pu­ter­lin­gu­istik geht zurück auf den Jesui­ten­pater Roberto Busa mit seinem Index Tho­misticus (ab 1946), dem ersten Werk­zeug zur Lem­ma­ti­sie­rung und für eine Ana­lyse großer Text­vo­lu­mina, auf dem Gebiet der DH der erste Schritt zu Big Data. Im Ver­gleich zwi­schen raum- und bilda­ten­ge­stützten Werk­zeugen und der Com­pu­ter­lin­gu­istik hat letz­tere eine sehr viel grö­ßere Anwen­dung in den Geis­tes­wis­sen­schaften erfahren. Allein die Nut­zung vir­tu­eller Modelle, die Unter­su­chung von 3D-Objek­tenund der Ein­satz von Bil­d­er­ken­nungs­ver­fahren ver­zeichnen wegen tech­ni­scher Fort­schritte in den letzten Jahren einen merk­li­chen Aufschwung.

In meinem Bei­trag möchte ich ich die Ent­ste­hung neuer Metho­den­an­sätze durch den Ein­satz raum­da­ten­ge­stützter For­schungs­um­ge­bungen zeigen und pro­pa­giere damit eine Erwei­te­rung der For­schungs­pa­ra­digmen. Bei meinen Ana­lysen geht es um visu­elle Bezüge zwi­schen Raum, Aus­stat­tung und Betrachter. Gestützt auf die Daten in einer 3D-Geo­me­trie (VRE Gene­ric­Viewer) werden Bedeu­tungs­ebenen von Sicht­achsen (view­s­heds), die soziale Bedeu­tung von Betracht­erstand­punkten, die soziale Raum­dichte (Space Syntax-Ana­lyse) am Bei­spiel eines his­to­ri­schen Kir­chen­raums gezeigt. Die Ergeb­nisse ermög­li­chen eine Reani­mie­rung ver­lo­rener Struk­turen sen­su­eller Wahr­neh­mung und bieten die Mög­lich­keit, Hand­lungs­ab­läufe und Funk­tionen sehr genau zu rekon­stru­ieren. Der Bei­trag kon­zen­triert sich auf visu­elle Aspekte und vor­nehm­lich auf das Sehen, Ver­bergen und Zeigen. Die Daten­ana­lyse zeigt, dass mit Hilfe der Infor­ma­ti­ons­tech­no­logie ver­lo­rene räum­liche Sze­na­rien wie­der­be­lebt werden können und ehe­ma­lige Zusam­men­hänge, Orte der Aus­stat­tung und Hand­lungen rekon­stru­ierbar werden. Durch die Unter­su­chungen wird das Wissen um die Kom­ple­xität der Bezüge zwi­schen Raum, Aus­stat­tung und Betrachter in ent­schei­denden Punkten erweitert.

Dr. Frithjof Schwartz stu­dierte Kunst­ge­schichte, Kul­tur­anthro­po­logie und Kir­chen­ge­schichte in Mainz. Nach langen Stu­di­en­auf­ent­halten in Flo­renz und Rom pro­mo­vierte er über die Domi­ni­ka­ner­kirche Santa Maria Novella (Il bel cimi­tero. Santa Maria Novella in Flo­renz 1279 – 1348, Berlin 2009).
Nach kura­to­ri­scher Tätig­keit am Mainzer Lan­des­mu­seum und Mit­ar­beit am Pro­jekt Piazza e monu­mento (KHI Flo­renz) wech­selte er 2011 an die Aka­demie der Wis­sen­schaften u. d. Literatur/​Mainz. Dort lei­tete er 2012 – 15 das BMBF-Pro­jekt, Inschriften im Bezugs­system des Raumes. In Zusam­men­ar­beit mit dem i3mainz der HS Mainz wurde eine VRE für 3D Räume, der Gene­ric­Viewer, entwickelt.
Seit 2018 ist er bei den Staat­li­chen Schlös­sern und Gärten Baden-Würt­tem­berg und leitet dort das Leucht­turm­pro­jekt Vir­tu­elle Rekon­struk­tion von Kul­tur­lie­gen­schaften. Erstes Ergebnis App zur Fes­tung Hohentwiel.

Julia Rössel

Visua­li­sie­rung von Text- und Bild­daten zu Bau­werken in Online-Datenbanken

 

Bei der Recherche zu Dar­stel­lungen von Bau­werken sind Online-Daten­banken oft hilf­reiche Mittel. Der geplante Vor­trag the­ma­ti­siert die Dar­stel­lung von Archi­tektur in sol­chen Daten­banken vor dem Hin­ter­grund ihrer Mul­ti­me­di­a­lität. Er zielt darauf ab, die inhä­renten Struk­turen der dort abruf­baren visu­ellen und tex­tu­ellen Infor­ma­tionen zu beleuchten und dabei die Her­aus­for­de­rungen bei der com­pu­ter­ge­stützten Erfas­sung von Archi­tektur zur Dis­kus­sion stellen.

Die Publi­ka­tion von Daten zu Archi­tektur online geschieht im Zuge einer kom­plexen Gemenge­lage insti­tu­tio­neller, wis­sen­schaft­li­cher und anderer Inter­essen. Hinter den Inter­faces mit denen wir als Nutzer*innen kon­fron­tiert werden, stehen sowohl die Pro­zesse der Repro­duk­tion von Bil­dern als auch jene zur com­pu­ter­ge­stützten Erschlie­ßung schrift­li­cher Infor­ma­tion. Das Web­de­sign der Platt­form stellt eine ephe­mere Kon­stel­la­tion der Medien Bild und Text dar. Der Vor­trag nimmt daher an, dass auch die Pro­jek­tion von Bild- und Meta­daten zu Archi­tektur in online zugäng­li­chen Bild­da­ten­banken als Visua­li­sie­rungen betrachtet werden kann und damit eine Erschei­nungs­form der Archi­tektur-Visua­li­sie­rung bildet. Hieraus ergeben sich die Fragen, was uns Daten­sätze in Bild­da­ten­banken eigent­lich kom­mu­ni­zieren und wie Wissen in der Par­al­lel­pro­jek­tion von Text und Bild entsteht?

Was bei der Per­zep­tion dieser Visua­li­sie­rungen häufig unbe­wusst bleibt ist, dass sie durch bestimmte Pro­zesse geprägt sind, die im Hin­ter­grund ablaufen, z.B. maschi­nelle Abfragen und Fil­tern von Infor­ma­tionen. Als Nutzer*innen navi­gieren wir durch ein Set von visuell struk­tu­rierten Funk­tionen. Dabei ist ein zen­traler Bestand­teil der Visua­li­sie­rung eines Daten­satzes in einer Online-Daten­bank die Maschi­nen­ver­ständ­lich­keit der Infor­ma­tionen. Die Visua­li­sie­rungen von Daten zu Archi­tektur zeichnen sich also durch ver­schie­dene mediale Ebenen aus, wel­chen bestimmte Codie­rungen zugrunde liegt. Wie diese sich gestalten wird im Vor­trag bei­spiel­haft erörtert.

Die Art der Codie­rung und die kon­krete Ver­or­tung der Infor­ma­tion in der Daten­struktur ist zen­tral für den Erfolg von Such­an­fragen, aber auch für das Ausmaß dessen, was über die Archi­tektur gesagt werden kann. An dieser Stelle setzt die Stan­dar­di­sie­rung von Daten und Daten­mo­dellen an. Für die Publi­ka­tion in Online-Daten­banken ent­spre­chen die Daten oft sol­chen Stan­dards struk­tu­rell aber auch die Nut­zung von Norm­vo­ka­bular. Wissen zu Archi­tektur ent­wi­ckelt sich ebenso weiter, wie die Sys­teme zur Publi­ka­tion von Daten. Die dritte Aus­gangs­be­ob­ach­tung ist also, dass die Infor­ma­ti­ons­struktur, die den Visua­li­sie­rungen von Archi­tektur in Bild­da­ten­banken zugrunde liegt ent­spre­chend fle­xibel und erwei­terbar sein muss, um ver­än­der­li­chen Anfor­de­rungen der Publi­ka­tion gerecht zu werden. Welche Her­aus­for­de­rungen und Mög­lich­keiten ergeben sich hier­durch für die Dar­stel­lung von Architektur?

Die genannten Punkte werden an Bei­spielen aus archi­tek­tur­be­zo­genen Bild­da­ten­banken, wie z.B. dem Bild­index und anderen erör­tert. Dabei werden die ver­schie­denen medialen Schichten von Bild­da­ten­banken zur Archi­tektur auf­ge­zeigt, sowie ver­schie­dene Wege der Ver­zeich­nung von Archi­tektur. Als ein infor­ma­tio­neller Stan­dard wird das XML-basierte Aus­tausch-Format LIDO erläutert.

Julia Rössel M.A. ist Kunst­his­to­ri­kerin und Medi­en­wis­sen­schaft­lerin und pro­mo­viert im Fach Kunst­ge­schichte zur digi­talen Über­set­zung Gra­phi­scher Samm­lungen an der Johannes Guten­berg-Uni­ver­sität Mainz. Dabei liegen ihre For­schungssin­ter­essen im Bereich der Theorie, Technik und Ästhetik Kunst­werke repro­du­zie­render Medien sowie der Museo­logie. Mit dem Thema Daten­qua­lität und Meta­da­ten­ana­lyse befasste sie sich bereits zuvor im Zuge Ihrer Arbeit im Pro­jekt Vir­tu­elles Kup­fer­stich­ka­bi­nett an der Herzog August Biblio­thek Wol­fen­büttel ab 2018. Seit 2019 koor­di­niert sie als wis­sen­schaft­liche Mit­ar­bei­terin das inter­dis­zi­pli­näre Pro­jekt KONDA (Kon­ti­nu­ier­li­ches Qua­li­täts­ma­nage­ment dyna­mi­scher For­schungs­daten zu Objekten der mate­ri­ellen Kultur und Anwen­dung von LIDO) am DDK Bild­ar­chiv Foto Mar­burg. Im Zuge des KONDA-Pro­jektes ent­wi­ckelt sie ein LIDO Anwen­dungs­profil für Daten zu orts­festen Bau­werken und erar­beitet ein ent­spre­chendes Handbuch.

Sła­womir Brzezicki

Wenn der Dehio nur bebil­dert wäre…“ – von einem tex­tu­ellen Erfas­sungs­stan­dard zur Visua­li­sie­rung der Infor­ma­tion über Archi­tek­tur­ob­jekte im digi­talen Medium

 

Im digi­talen Zeit­alter wan­delt sich auch das Dehio-Hand­buch der Kunst­denk­mäler als Nach­schla­ge­werk von seiner tra­di­tio­nellen Buch­form zu einer digi­talen und hoch­gradig ver­netzten Wis­sens­in­fra­struktur. Zu diesem Wandel gehö­rende Visua­li­sie­rungs­pro­zesse als Ver­mitt­lungs­me­thoden werden im Vor­trag thematisiert.

Von der Ursprungs­idee des Dehio-Hand­buchs bleiben die wich­tigsten Bestand­teile bei­be­halten: gezielte Aus­wahl der Objekte, Ver­mitt­lung gut struk­tu­rierter und aktu­eller Infor­ma­tionen, um in einer kom­pri­mierten Aus­sage die Ent­ste­hungs- und Ände­rungs­ge­schichte sowie die wich­tigsten Cha­rak­ter­züge eines Gebäudes fest­zu­halten und in den breiten kunst­his­to­ri­schen Kon­text ein­zu­betten, dazu die Publi­ka­tion in hand­li­cher Form.
Mit den neuen Mög­lich­keiten im digi­talen Zeit­alter wird aber die Ober­grenze der zwei Buch­de­ckel end­gültig auf­ge­hoben und die Wis­sens­ver­mitt­lung über Bau­werke müssen neu defi­niert und aus­ge­staltet werden. Auf unter­schied­li­chen Erschlie­ßungs- und Dar­stel­lungs­ebenen werden die Infor­ma­tionen zu den Bau­ob­jekten ver­mit­telt, wech­sel­seitig deko­diert und wieder enkodiert.

Die Visua­li­sie­rung hilft in drei­fa­cher Hin­sicht die wich­tigen Kern­auf­gaben eines Dehios zu ergänzen und zu stärken: Begin­nend mit Illus­trie­rung durch visu­elle Quellen zum jewei­ligen Objekt und seinem räum­li­chen Kon­text, die dem Leser die selbst­stän­dige intel­lek­tu­elle Deko­die­rung eines Textes ermög­licht (Text­ver­ständnis). Wei­terhin för­dert sie die Sicht­bar­keit tex­tu­eller Infor­ma­tionen in brei­terem Kon­text (sowohl des Hand­buchs wie auch der Archi­tek­tur­ge­schichte all­ge­mein). Und schließ­lich hilft sie die Auf­merk­sam­keit auf bestimmte Inhalte zu richten (Nut­zer­füh­rung).

Das digi­tale Medium ermög­licht Deko­die­rung der Infor­ma­tionen der seman­tisch dicht auf­ge­la­denen Texte zur bes­seren Ver­ständ­lich­keit für Men­schen und sogar zugleich für Maschi­nen­les­bar­keit. Die ergän­zenden Meta­daten als sche­ma­ti­sche Dar­stel­lung eines Objektes dienen dabei zur Pro­jek­tion kom­plexer Infor­ma­ti­ons­be­züge (wie Bau­struktur und Bau­ge­schichte). Den Kern bildet eine stan­dard­ba­sierte Anwen­dungson­to­logie. “Abge­bildet“ wird das Bau­werk in einem Daten­mo­dell, das in der Lage ist die knappst aus­for­mu­lierten tex­tu­ellen Angaben zu einer kom­plexen Objekt­struktur zu visua­li­sieren und seman­tisch in einem „Spiel“ zwi­schen dem Objekt, dem Raum und dem Akteur fest­zu­halten unter Ein­be­zie­hung der zeit­li­chen Dimen­sion. Dank der stan­dar­di­sierten Erfas­sung der Enti­täten sowie der Anwen­dung und Wei­ter­ent­wick­lung des The­saurus – mit dem Neben­ziel der Anrei­che­rung von Norm­da­ten­sätzen (GND, AAT) – ent­steht die erwei­terte Sicht­bar­keit des realen, mate­ri­ellen Objektes in der Welt des Linked Open Data.

Im Frontend (Nut­zer­ober­fläche) wird also die Visua­li­sie­rung im Publi­ka­ti­ons­me­dium (Portal) ange­wendet, um das Kon­zept sowohl der auto­nomen wie auch der geführten Nut­zung umzu­setzen. Dank aus­ge­wählter Bild­ma­te­ria­lien zum Objekt, der Kon­fi­gu­ra­tion der kom­bi­nierten Suche sowie der von Meta­daten unter­stützten Ver­mitt­lung der internen und externen Rela­tionen zu wei­teren Res­sourcen wird das Ziel ver­folgt, einen Erfas­sungs­stan­dard zu gestalten, der ebenso leichte Durch­such­bar­keit (Retrieval) wie auch Anschluss­fä­hig­keit (Ver­net­zung) gewährleistet.
Auf diese Weise sollen die Ent­wick­lungen und Erfah­rungen beim Aufbau der Wis­sens­in­fra­struktur „digi­tales Dehio-Hand­buch“ (Dehio OME. Kunst­denk­mäler in Ost­mit­tel­eu­ropa) sowie in beglei­tenden Pro­jekt­kon­texten (Semantics4Art&Architecture, NFDI4Culture) eine neue Grund­lage für die digi­tale Doku­men­ta­tion von Bau- und Kunst­denk­mä­lern bzw. von mate­ri­ellem Kul­tur­erbe bilden.

Sła­womir Brze­zicki M.A., wiss. Mit­ar­beiter und Pro­jekt­ko­or­di­nator am Herder-Institut für his­to­ri­sche Ost­mit­tel­eu­ro­pa­for­schung – Institut der Leib­nitz-Gemein­schaft in Mar­burg. 1994 – 2000 stu­dierte Kunst­ge­schichte an der Uni­ver­sität Wro­cław und LMU Mün­chen mit dem Schwer­punkt Archi­tek­tur­ge­schichte des XIX Jahr­hun­derts. Seit 2000 u.a. als Koor­di­nator, Redak­teur und Autor betei­ligt an der vom Arbeits­kreis initi­ierten Reihe der Koope­ra­ti­ons­pro­jekte „Dehio-Hand­buch der Kunst­denk­mäler in Polen/​Zabytki sztuki w Polsce“ (aktuell an Pro­jekten zu Nord­ost­polen und Est­land). Im wei­teren Fokus seiner Arbeit stehen Fragen der Digi­talen Kunst­ge­schichte, vor allem die Pro­bleme der Erschlie­ßung, der Ana­lyse und der Prä­sen­ta­tion von Bau- und Kunst­denk­mä­lern, wie auch des Kul­tur­erbes im wei­teren Sinne. In den letzten Jahren betei­ligt an Ent­wick­lungen der Fach­in­for­ma­ti­ons­sys­teme zu Bau- und Kunst­denk­mä­lern, hier vor allem an den Pro­jekten zur Erar­bei­tung eines digi­talen Dehio-Stan­dards (Dehio Ost­mit­tel­eu­ropa, Dehio Deutsch­land) sowie wei­teren Lösungen für seman­ti­sche Daten­struk­turen. Dabei liegen in seinem Inter­esse vor allem die Pro­bleme der Daten­mo­del­lie­rung, Meta­daten-Stan­dards und Klas­si­fi­ka­ti­ons­sys­teme sowie Visua­li­sie­rung der Informationen.

Bernd Kulawik

Die Pro­ble­matik der Rekon­struk­tion zukünf­tiger his­to­ri­scher digi­taler Visualisierung(en)

 

«If there are photos you really care about, print them out! » Mit dieser iro­ni­schen Emp­feh­lung warnte Vinton Cerf 2015 vor dem «infor­ma­tion black hole», in das wir alle unsere digi­talen Daten «non­cha­lantly» werfen. Natür­lich stehen die «photos» für jeg­liche Art digi­taler Daten. Im Kon­text archi­tek­tur­his­to­ri­scher For­schung wären dies also auch Zeich­nungen und Doku­mente, 2D-/3D-/4D-Modelle, Daten­banken und selbst wis­sen­schaft­liche Texte. Die Menge digital ver­füg­baren Mate­rials über­steigt längst jeg­liche Mög­lich­keit ihrer Ret­tung durch Aus­dru­cken. Zumal sich viele Eigen­schaften digital ver­knüpften Wis­sens – von Daten­banken bis Visua­li­sie­rungen – gar nicht in adäquater Form aus­ge­druckt erhalten und nutzen ließen. Als Mit­ent­wickler des TCP/​IP ist Cerf einer der «Väter des Internet», als lang­jäh­riger Prä­si­dent der Asso­cia­tion for Com­pu­ting Machinery sowie als Vize­prä­si­dent von Google dürfte er also wissen, wovon er spricht … Sein Vor­schlag gegen ein «digital dark age» besteht in einem «digital vellum» genannten System als vir­tu­elle Umge­bung für jeg­liche Soft­ware und die zu ihrem Betrieb not­wen­dige Hard­ware. Sein «Mit-Internet-Vater» Rob Kahn hat diesen Vor­schlag durch den Hin­weis ergänzt, das eine der­ar­tige Struktur auch einer «sozialen Insti­tu­tio­na­li­sie­rung» bedürfe, um ihren lang­fris­tigen Betrieb zu garan­tieren. Mit der Natio­nalen For­schungs­daten-Initia­tive gibt es nun zwar einen Ver­such zur Schaf­fung eines insti­tu­tio­na­li­sierten «digital vellums» in Deutsch­land, aber an der Grund­idee, gegen­wär­tige Soft­ware- und Daten­for­mate wirk­lich lang­fristig auf­be­wahren zu können, darf bzw. muss man wei­terhin Zweifel hegen: Die für alle Wis­sen­schaften, erst recht his­to­risch arbei­tende, unver­zicht­bare Repro­du­zier­bar­keit von Gegen­stand, Methoden und Erkennt­nissen kann im digi­talen Zeit­alter kaum für 20 und nur im Falle ein­fachster TXT- oder PDF/​A‑Dateien für 50 Jahre gewähr­leistet werden. Es leuchtet ein, dass das nicht genügen kann und darf. Der Vor­trag wird anhand von Bei­spielen aus der Archi­tek­tur­ge­schichte einen Lösungs­vor­schlag skiz­zieren, denn die heu­tige Digi­ta­li­sie­rung führt direkt ins «infor­ma­tion black hole» und «digital dark age», also den Ver­lust sämt­li­cher Daten, soweit sie nicht aus lang­fristig bestän­digem Papier mit­tels ebenso lang­fristig bestän­diger Tinten und Toner aus­ge­druckt vor­liegen. Der Ver­lust der eigent­lich inter­es­santen wis­sen­schaft­li­chen Infor­ma­tion in digi­talen Modellen und Visua­li­sie­rungen ist also vorprogrammiert.

Bernd Kulawik war Schiffs­ma­schi­nist und stu­dierte 1986 – 1988 an der TU Dresden Physik (mit Schwer­punkt Infor­ma­ti­ons­wis­sen­schaft) sowie 1990 – 1996 Musik­wis­sen­schaft und Phi­lo­so­phie an der TU Berlin (Magis­ter­ar­beit 1996 über Mon­te­verdis Seconda Pra­tica). Dort wurde er 2002 mit einer Dis­ser­ta­tion zur Bau­ge­schichte von St. Peter in Rom pro­mo­viert. Seit 1982 pro­gram­mie­rend, arbei­tete er seit 2000 in Daten­bank-Pro­jekten wis­sen­schaft­li­cher For­schungs­ein­rich­tungen in Deutsch­land, Ita­lien und der Schweiz, seit 2019 als selb­stän­diger IT-Berater. Neben der bisher unge­lösten Pro­ble­matik der lang­fris­tigen Ver­füg­bar­keit digi­taler Daten sowie aus­ge­wählten Themen der Phi­lo­so­phie- und Renais­sance-Musik­ge­schichte beschäf­tigt ihn seit seinem vom Schwei­ze­ri­schen Natio­nal­fonds (2013 – 2017) geför­derten For­schungs­pro­jekt zum Stu­dium antiker Archi­tektur in Rom um 1550 die dabei wie­der­ent­deckte «Acca­demia de lo Studio de l’Architettura» und ihr ver­mut­lich erstes inter­dis­zi­pli­näres und inter­na­tio­nales For­schungs- und Publi­ka­ti­ons­pro­jekt, wel­ches die jeweils umfas­sendsten und prä­zi­sesten, bisher weit­ge­hend uner­schlos­senen Doku­men­ta­tionen antiker Bau­werke, Skulp­turen, Münzen und Inschriften her­vor­brachte und damit die mate­rialen Grund­lagen his­to­ri­scher Fächer sowie wis­sen­schaft­li­cher Methodik legte.

Digi­tale quel­len­ba­sierte 3D‑Rekonstruktion als neuer Forschungsraum

Fabrizio Nevola, Donal Cooper, Chiara Capulli, Luca Brunke

Florence4D: Recon­struc­ting Renais­sance Altar­pieces in Flo­ren­tine Churches

 

In a Digital Art History pro­ject – flo​ren​ce4d​.org – aiming to visua­lise spa­ti­ally his­to­rical data linked to spe­cific sites in Flo­rence over time, church inte­riors can pro­vide a valu­able com­pa­ra­tive case study. Recon­struc­ting ritual topo­gra­phies means gathe­ring infor­ma­tion on mate­rial cul­ture, reli­gious poli­tics, and net­works of artistic patro­nage; ana­ly­sing how these and other fac­tors inter­re­late offers a new para­digm for the con­tex­tual rese­arch of art­works. In this pro­cess, using GIS map­ping to recon­fi­gure dispersed art­works and link them with their patrons offers a step change in our under­stan­ding of how artistic ensem­bles (espe­cially groups of altar­pieces) have evolved over time, while inte­gra­tion of rea­lity-based 3D data cap­ture with inter­pre­ta­tion-based model­ling fur­ther enri­ches the digital visua­li­sa­tion of lost contexts.

This talk will com­pare approa­ches to the digital recon­struc­tion of church inte­riors by con­si­de­ring how dif­fe­rent rese­arch ques­tions, and uneven on-site evi­dence, raise con­tras­ting chal­lenges and call for dis­tinct metho­do­lo­gical responses. It draws on a number of model­ling case stu­dies from the Florence4D pro­ject: the church of the Inno­centi hos­pital, whose major art­works sur­vive without their framing ele­ments in the adja­cent museum, and Sant’Ambrogio, where the Renais­sance altar frames remain intact but many pain­tings have been removed. With these examples we dis­cuss work­flows for visua­li­zing uncer­tainty, addres­sing gaps in the sources, and ack­now­led­ging the limits of scho­l­arly inter­pre­ta­tion in digital recon­struc­tions. Mean­while San Pier Mag­giore, one of Florence’s most important churches, was demo­lished in the 1780s. While the buil­ding is lost, exten­sive archival docu­men­ta­tion allows us to trace the rich rela­ti­onship bet­ween this insti­tu­tion, wealthy Flo­ren­tine patrons and the art­works that they com­mis­sioned for their cha­pels. Here we see how digital tools can com­pen­sate for mis­sing mate­rial evi­dence in situ, by con­si­de­ring how stan­dar­dised data collec­tion and pro­ces­sing for the well-docu­mented history of this Flo­ren­tine insti­tu­tion can still spa­ti­ally reveal how the church inte­rior changed over time, and which actors were involved.

Irre­spec­tive of the approach adopted, seman­ti­cally struc­tured meta­data enables cross-rea­ding and reusa­bi­lity of data. Onto­lo­gies not only high­light the degree of uncer­tainty due to gaps and incon­sis­ten­cies in the sources but also pro­vide a frame­work for inter­ope­ra­bi­lity that can answer dif­fe­rent rese­arch ques­tions while chal­len­ging any unpro­ble­matic recrea­tion of the past. We also set these examples within a deeper his­to­rio­graphy of Flo­ren­tine archi­tec­tural stu­dies, reflec­ting on how these churches have been visua­lized in tra­di­tional plans/​elevations and why – as buil­dings – they were almost ent­i­rely neglected by genera­tions of archi­tec­tural historians.

Fabrizio Nevola is Chair and Pro­fessor of Art History and Visual Cul­ture at the Uni­ver­sity of Exeter, spe­cia­li­sing in the urban and archi­tec­tural history of Early Modern Italy. He is PI of Florence4D and author of Street Life in Renais­sance Italy (Yale, 2020).

Donal Cooper is Senior Lec­turer in Ita­lian Renais­sance Art at the Uni­ver­sity of Cam­bridge, and an expert on Ita­lian eccle­si­astical art and archi­tec­ture; he is CoI on Florence4D. Both Nevola and Cooper have been involved in various digital map­ping and model­ling pro­jects related to Flo­ren­tine Renais­sance mate­rial over the past decade (‘Hidden Flo­rence’ app, Santa Chiara Chapel at the V&A).

Chiara Capulli is RA on Florence4D and a PhD can­di­date at the Uni­ver­sity of Cambridge.

Luca Brunke, also RA on Florence4D, is a digital modeller trained at the Uni­ver­sity of Tübingen.

Peter Hein­rich Jahn

Digi­tale Plan- und Ent­wurfs­ana­lysen in 2D und 3D baro­cker bau­li­cher Reprä­sen­ta­tionen des pol­ni­schen König­tums – For­schungs­pro­jekte zu den Schloss- und Zwin­ger­pla­nungen für Dresden wäh­rend der Regie­rung Augusts des Starken

 

Das in Dresden archi­va­lisch kon­ser­vierte umfang­reiche his­to­ri­sche Plan­ma­te­rial aus der Regie­rungs­zeit Augusts des Starken (reg. 1694 – 1733), der, zunächst säch­si­scher Kur­fürst, ab 1697 als gewählter König August II. das König­reich Polen mit­re­gierte, for­dert im Zeit­alter der Digi­ta­li­sie­rung zu neuen com­pu­ter­ge­stützten Ana­ly­se­an­sätzen heraus: Durch zeich­ne­ri­sche Fixie­rung und insti­tu­tio­na­li­sierte Archi­vie­rung sta­tisch gewor­denes ‚paper­work‘ bekommt näm­lich mit­tels in 2D ver­har­render Digi­ta­li­sie­rung und 3D-Model­lie­rung eine neu­ar­tige, in vie­lerlei Hin­sicht epis­te­misch wir­kende Mobi­lität verliehen.

In Dresdner Archiven und Biblio­theken (Haupt­staats­ar­chiv des Säch­si­schen Staats­ar­chivs, Säch­si­sche Lan­des­bi­blio­thek – Staats- und Uni­ver­si­täts­bi­blio­thek, Säch­si­sches Lan­desamt für Denk­mal­pflege sowie Kup­fer­stich-Kabi­nett der Staat­li­chen Kunst­samm­lungen) ist zur umfas­senden Neu­pla­nung des Dresdner Resi­den­z­a­reals zahl­rei­ches Plan­ma­te­rial erhalten geblieben. Unter August dem Starken konnte nur der soge­nannte Zwinger als Garten- und Festareal rea­li­siert werden, nicht aber der gleich­zeitig beab­sich­tigte Umbau oder gar Neubau des Resi­denz­schlosses. Medial betrachtet reicht die Spanne dieses his­to­ri­schen Plan­ma­te­rials von Lage­plänen und Detail­grund­rissen über Prä­sen­ta­ti­ons­ent­würfe bis zu Kup­fer­stich­ta­feln und Ent­wurfs­skizzen. Die im Vor­trags­titel ange­deu­teten, auf­ein­ander auf­bau­enden For­schungs­pro­jekte haben sich seit 2008 die neu­er­liche, bis­lang im Buch­me­dium und mit­hilfe von Ana­log­fo­to­grafie bewerk­stel­ligte Erfor­schung dieses his­to­ri­schen Plan­ma­te­rials zur Auf­gabe gemacht, mit dem zukunfts­ge­wandten Willen, die sich anbie­tenden Vor­teile der Digi­tal­technik zu nutzen:

2008 – 2021, Schlös­ser­land Sachsen – Staat­liche Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen gGmbH: „Zurück in die Zukunft – Die Visua­li­sie­rung pla­nungs- und bau­ge­schicht­li­cher Aspekte des Dresdner Zwingers“

2016 – 2019, Institut für Kunst- und Musik­wis­sen­schaft der Tech­ni­sche Uni­ver­sität Dresden, dritt­mit­tel­fi­nan­ziert durch die Fritz Thyssen Stif­tung für Wis­sen­schafts­för­de­rung: „Mat­thäus Daniel Pöp­pel­mann (1662 – 1736) – Die Schloss- und Zwin­ger­pla­nungen für Dresden. Planen und Bauen im ‚modus Romanus‘“

fort­ge­setzt ebd. mit neuem, der eva­lu­ierten Erkennt­nis­lage Rech­nung tra­genden Projektnamen:

2020 – 2022, nun dritt­mit­tel­fi­nan­ziert durch die Gerda Henkel Stif­tung: „Der König plant mit – die Dresdner Resi­denz­bau­pro­jekte unter August dem Starken (reg. 1694 – 1733). Ana­lyse, Inter­pre­ta­tion und Kata­lo­gi­sie­rung des his­to­ri­schen Plan­ma­te­rials zu Resi­denz­schloss und Zwinger“

2D-Ana­lysen werden manuell mit Hilfe von Pho­to­shop-Bild­be­ar­bei­tungs­soft­ware durch­ge­führt: So können durch digi­tale Pro­por­tio­nal­ska­lie­rung Maß­stabs­sprünge inner­halb von Pla­nungen aus­ge­gli­chen werden. Mit­tels Trans­par­ent­schal­tung von Ebenen lassen sich Über­la­ge­rungen vor­nehmen, die Kon­gru­enzen bzw. Diver­genzen ans Licht bringen und dadurch über ein etwaiges Zuein­an­der­passen von Ent­würfen Auf­schluss geben. Ein ver­ant­wor­tungs­volles, sich der man­nig­fal­tigen Feh­ler­quellen kri­tisch bewusst sei­endes wis­sen­schaft­li­ches Arbeiten ist hier gefordert.

Mit Hilfe von 3D-Model­lie­rung schließ­lich werden aus­ge­wählte nicht aus­ge­führte Pla­nungen im Sinne von Simu­la­tion hin­sicht­lich ihrer Bau­bar­keit sowie ihrer plas­ti­schen und stadt­räum­li­chen Wir­kung über­prüft. Hier wird mit pro­fes­sio­nellen, jedoch nicht dem Archi­tek­tur­fach ent­stam­menden 3D-Model­leuren koope­riert, welche die Pro­fessur für Medi­en­in­for­matik der Hoch­schule für Wirt­schaft und Technik (HTW) aus­ge­bildet hat. Pro­bleme im Sinne von Limi­ta­tionen und Hürden bereiten dabei der Zeit‑, Per­sonal- und Kos­ten­faktor sowie die trans­dis­zi­pli­näre Kom­mu­ni­ka­tion zwi­schen den diversen Akteuren.

Die 3D-Modelle bedürfen eines dem Medium und seiner Technik ange­mes­senen dyna­mi­schen Prä­sen­ta­ti­ons­for­mates: Ein erster bau­ge­schicht­li­cher Modell­film zum Zwinger konnte 2013 der Öffent­lich­keit im Rahmen einer Aus­stel­lung prä­sen­tiert werden („Pöp­pel­mann 3D: Bücher – Pläne – Raum­welten“, SLUB Dresden). Jüngst (im Juli 2021) eröff­nete Schlös­ser­land Sachsen im Dresdner Zwinger die mul­ti­me­diale, mit immer­siven Erleb­nis­for­maten ope­rie­rende Dau­er­aus­stel­lung „Zwinger Xpe­ri­ence“, rea­li­siert durch die Ber­liner Medi­en­firma m‑box. Eine inter­net­ge­stützte kri­ti­sche Ver­öf­fent­li­chung der Ein­zel­mo­delle mit dem von der Dresdner HTW ent­wi­ckelten Dar­stel­lungs­tool „DokuVis“ ist wei­terhin in Pla­nung. Außerdem wird der­zeit an der Prä­sen­ta­tion eines Zwinger- und Resi­denz­schloss ver­ei­ni­genden Gesamt­mo­dells für das Schloss­mu­seum der Staat­li­chen Kunst­samm­lungen Dresden gearbeitet.

Peter Hein­rich Jahn, Dr. phil., der­zeit For­schungs­sti­pen­diat am Institut für Kunst- und Musik­wis­sen­schaft der TU Dresden, stu­dierte von 1989 bis 1996 Mitt­lere, Neuere sowie Byzan­ti­ni­sche Kunst­ge­schichte an der LMU Mün­chen und wurde 2006 von der Uni­ver­sität Augs­burg mit einer Arbeit über die Sakral­ar­chi­tektur des Wiener Barock­ar­chi­tekten Johann Lucas von Hil­de­brandt pro­mo­viert. Seit 2016 bear­beitet er, finan­ziert durch die Fritz Thyssen Stif­tung für Wis­sen­schafts­för­de­rung und die Gerda Henkel Stif­tung, die Dresdner Schloss- und Zwin­ger­pla­nungen wäh­rend der Regie­rung Augusts des Starken.
Zuvor, 2010-12, war er Postdoc-Sti­pen­diat im Rahmen des Rese­arch-Fellow-Pro­gramms „Werk­zeuge des Ent­wer­fens“ am Inter­na­tio­nalen Kolleg für Kul­tur­tech­nik­for­schung und Medi­en­phi­lo­so­phie (IKKM) der Bau­haus-Uni­ver­sität Weimar.
Seit den Dis­ser­ta­ti­ons­for­schungen erfolgte eine Spe­zia­li­sie­rung auf die Praxis und Medi­a­lität früh­neu­zeit­li­cher archi­tek­to­ni­scher Ent­wurfs­ver­fahren, Model­lie­rungs­prak­tiken inbe­griffen. Im Zuge dessen seit 2008 tätig für das 3D-Model­lie­rungs­pro­jekt „Zurück in die Zukunft – Die Visua­li­sie­rung pla­nungs- und bau­ge­schicht­li­cher Aspekte des Dresdner Zwin­gers“ von Schlös­ser­land Sachsen – Staat­liche Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen gGmbH. Aktuell Mit­glied im DFG-Netz­werk „Digi­tale 3D-Rekon­struk­tionen als Werk­zeuge der archi­tek­tur­ge­schicht­li­chen Forschung“.

Piotr Kuro­c­zyński, Karo­lina Jara, Igor Bajena

Syn­agoge am Anger im Kon­text dreier Glau­bens­ge­mein­schaften – Digi­tale Rekon­struk­tion und Doku­men­ta­tion der Bres­lauer Synagoge

 

Im Breslau de s 19. Jh. spie­gelt sich die Akzep­tanz und Eman­zi­pa­tion der jüdi­schen Ein­wohner vor allem im Bau­pro­jekt der monu­men­talen Syn­agoge am Anger (Archi­tekt Edwin Oppler, erbaut 1865 – 1872, zer­stört 1938) im Herzen der Stadt wider. Die Bau­in­itia­tive der Syn­agoge geht auf ein inter­es­santes und mar­ginal erforschtes Span­nungs­feld der drei füh­renden Glau­bens­ge­mein­schaften in Breslau zurück (Katho­liken, Pro­tes­tanten und Juden), die gleich­zeitig die Pla­nung und den Bau von beein­dru­ckenden Got­tes­häu­sern unter­nommen haben. Das Pro­jekt „Syn­agoge am Anger im Kon­text dreier Glau­bens­ge­mein­schaften. Digi­tale Rekon­struk­tion und Doku­men­ta­tion der Bres­lauer Syn­agoge“ bat die ein­zig­ar­tige Mög­lich­keit, das Wissen um das Bau­werk zu ver­tiefen und dieses im Detail, räum­lich und inhalt­lich, digital zu ver­netzen und zu vermitteln.
Im Ergebnis ent­stand ein seman­tisch auf­ge­la­dener 4D-Infor­ma­ti­ons­mo­dell der Syn­agoge am Anger, der im Bezug zur Michaelis- und Sal­va­tor­kirche in Breslau um 1870 erschlossen wurde. Das Pro­jekt ent­wi­ckelte eine digi­tale Methodik für com­pu­ter­ba­sierte 3D-Rekon­struk­tionen zer­störten kul­tu­rellen Erbes inner­halb der „Digital/​Spatial Huma­nities“ und stellt eine inno­va­tive Kon­tex­tua­li­sie­rung der 3D-Rekon­struk­tion rundum kunst- und bau­his­to­ri­sche Fra­ge­stel­lungen. Im Zen­trum der Betrach­tung steht die quel­len­ba­sierte (hypo­the­ti­sche) 3D-Rekon­struk­tion der Syn­agoge mit den Mit­teln unserer Zeit – unter Anwen­dung von »his­toric Buil­ding Infor­ma­tion Model­ling« und unter Inte­gra­tion geis­tes­wis­sen­schaft­li­cher und topo­gra­fi­scher Infor­ma­tionen hin­sicht­lich des gebauten kul­tu­rellen Erbes. Der Vor­trag möchte die Ergeb­nisse des Pro­jektes unter beson­derer Berück­sich­ti­gung der Chancen und Her­aus­for­de­rungen von digi­taler 3D-Rekon­struk­tion als einen neuen archi­tektur- und stadt­his­to­ri­schen For­schungs­raum vorstellen.

Piotr Kuro­c­zyński Geboren 1979 in Lodz (Polen). Stu­dium der Fach­rich­tung Archi­tektur an der Tech­ni­schen Uni­ver­sität Darm­stadt (1999 – 2005). Spe­zia­li­sie­rung auf dem Gebiet der digi­talen 3D-Rekon­struk­tion, Doku­men­ta­tion und Visua­li­sie­rung des kul­tu­rellen Erbes. For­schung und Lehre an der Tech­ni­schen Uni­ver­sität Darm­stadt im Fach­ge­biet Infor­ma­tions- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­no­logie in der Archi­tektur beim Pro­fessor Man­fred Koob (2005 – 2010). Pro­mo­tion zum Thema der Medi­a­li­sie­rung der Stadt (2010). Frei­be­ruf­liche Tätig­keit als Crea­tive Producer/​Director bei der Kom­mu­ni­ka­ti­ons­agentur Ate­lier Mark­graph in Frank­furt am Main (2010 – 2013). Seit 2010 meh­rere Lehr­auf­träge an der Tech­ni­schen Uni­ver­sität War­schau (Polen) und an der Tech­ni­schen Uni­ver­sität Darm­stadt. Wis­sen­schaft­li­cher Mit­ar­beiter und Pro­jekt­ko­or­di­nator am Herder-Institut für his­to­ri­sche For­schung in Ost­mit­tel­eu­ropa (2013 – 2016). Mit­be­gründer und Vor­sit­zender der Arbeits­gruppe Digital 3D-Rekon­struk­tion im Ver­band Digital Huma­nities im deutsch­spra­chigen Raum. Seit 2017 ist er Pro­fessor für ange­wandte Infor­matik und Visua­li­sie­rung im Bau­wesen an der Hoch­schule Mainz. Seit 2018 Lei­tung vom Archi­tek­tur­in­stitut (AI MAINZ) und Chef­re­dak­tion der Buch­reihe Com­pu­ting in Art and Archi­tec­ture an der Uni­ver­si­täts­bi­blio­thek Heidelberg

Karo­lina Jara Kunst- und Archi­tek­tur­his­to­ri­kerin, geboren und auf­ge­wachsen in Wro­claw (Polen). Stu­dium der Kunst­ge­schichte und Ger­ma­nistik an der Uni­ver­sität Breslau (2006 – 2013). Ihr For­schungs­in­ter­esse fokus­siert die Archi­tek­tur­ge­schichte des 19. und 20. Jahr­hun­derts. Dok­to­randin an der Uni­ver­sität Breslau, wo sie über das Thema „Archi­tektur und Stadt­pla­nung in Schle­sien im Dritten Reich“ unter der Lei­tung von Prof. Dr.-Ing. Agnieszka Zabłocka-Kos pro­mo­viert. Seit März 2018 wird ihr For­schungs­pro­jekt vom Natio­nale Zen­trum für Wis­sen­schaft (NCN, Polen) im Rahmen des Sti­pen­di­um­pro­gramms „Pre­ludium“ unter­stützt. 2019 erhielt sie ein Sti­pen­dium „Start“ von der Pol­ni­schen For­schungs­stif­tung (FNP). 2018 – 2019 wis­sen­schaft­liche Mit­ar­bei­terin am Archi­tek­tur­in­stitut der Hoch­schule Mainz (Pro­jekt der digi­talen Rekon­struk­tion der Bres­lauer Syn­agoge). Seit 2020 Mit­ar­bei­terin der der Deutsch-Pol­ni­schen Stif­tung Kul­tur­pflege und Denkmalschutz.

Igor Bajena Archi­tect, born and raised in Biała Pod­laska (Poland). He stu­died archi­tec­ture and urban plan­ning at Warsaw Uni­ver­sity of Tech­no­logy and gra­duated in 2019 with a MSc in archi­tec­ture on archi­tec­tural heri­tage spe­cialty. Since august 2019 he works as a rese­arch asso­ciate at the Archi­tec­ture Insti­tute of the Uni­ver­sity of Mainz in the field of digital recon­struc­tion. Cur­r­ently, he is star­ting his PhD at the Uni­ver­sity of Bologna in the topic of docu­men­ta­tion and publi­ca­tion of digital reconstructions.

 

Fabrizio I. Apol­lonio, Federico Fall­a­vollita, Ric­cardo Foschi

The Pro­blem of Visua­li­zing Uncon­structed or Lost Archi­tec­tural Projects

 

This study deals with vir­tual recon­struc­tions of unrea­lized or lost pro­jects that are based on gra­phic and descrip­tive docu­ments (for example ori­ginal drawings, vin­tage photos, and verbal descrip­tions). Is it pos­sible to create and visua­lize a vir­tual recon­struc­tion com­plying with the infor­ma­tion of the sources, their tracea­bi­lity and the trans­pa­rency of the pro­ce­dures adopted? Is it pos­sible to pro­pose a sci­en­tific method to visua­lize and pre­sent vir­tual models of this type? As a pos­sible answer to these ques­tions, the aut­hors pro­pose the Cri­tical Digital Model (CDM)approach. In par­ti­cular, the model visua­liz­a­tion pro­ce­dure and the link with source infor­ma­tion is ana­lyzed and pre­sented. We ana­lyze and pre­sent several types of visua­liz­a­tion tech­ni­ques to convey the gra­phic and descrip­tive infor­ma­tion con­tained in the ori­ginal sources and at the same time exploit the poten­tial of a digital three-dimen­sional visua­liz­a­tion, such as, adop­ting a CDM view in an AR (Aug­mented Rea­lity) envi­ron­ment. Ano­ther ques­tion, related to the above pro­blem, is what type of visua­liz­a­tion tech­nique can be adopted to com­mu­ni­cate in a trans­pa­rent and clear manner the degree of relia­bi­lity and con­sis­tency of the choices made in the vir­tual recon­struc­tion with respect to the infor­ma­tion of the sources. To answer this last pro­blem, the cri­tical visua­liz­a­tion of the digital model pres­ents a scale of uncer­tain­ties divided into seven degrees. The degrees express a dif­fe­rent scale of con­sis­tency and relia­bi­lity with respect to the infor­ma­tion found in the sources. The pas­sage from ori­ginal drawings to 3D repre­sen­ta­tion involves inter­pre­ta­tive choices. Many times, the ori­ginal drawings are not cohe­rent with each other or do not solve some spa­tial pro­blems. In the 3D model these incon­sis­ten­cies must be solved. The scale of uncer­tain­ties should also help reco­gni­zing and high­ligh­ting these choices and the refe­rences adopted. The idea is offe­ring to the his­to­rians, or simple enthu­si­asts, a cri­tical tool able to make the inter­pre­ta­tive choices used intel­li­gible, and their rela­ti­onship with the sources logical. The pro­posed study fits into an inter­na­tional con­text and arises from the com­pa­rison with various scho­lars. The main objec­tive is to find and pro­pose shared stan­dards for the con­struc­tion, visua­liz­a­tion, and eva­lua­tion of vir­tual archi­tec­tural recon­struc­tions. Case stu­dies include some pro­jects by an archi­tect from Cesena, Mario Guidi
(1761 – 1829), Andrea Pal­ladio (1508 – 1580) and Claude-Nicolas Ledoux (1736 – 1806).

Fabrizio Ivan Apol­lonio PhD, he is a Full Pro­fessor of Archi­tec­tural Repre­sen­ta­tion and Director of the Depart­ment of Archi­tec­ture of the Alma Mater Stu­diorum Uni­ver­sity of Bologna. His main rese­arch topics lie in vir­tual recon­struc­tion, semantic model­ling and app­li­ca­tions in the field of ICT to cul­tural heri­tage, and deve­lo­p­ment of information/​cognitive sys­tems aimed at frui­tion of study and docu­men­ta­tion of CH. Since 2014 is Partner of AG Digi­tale Rekon­struk­tion working group. He has published essays, reports, papers and books about urban sur­veying for the pro­tec­tion of archi­tec­tural heri­tage and also about archi­tec­tural drawing. He has been a pro­moter and a member of the sci­en­tific board for the nomi­na­tion of Mantua and Sab­bio­neta (2008) and of Bologna’s Por­ti­coes (2021) for the UNESCO-WHL.

Federico Fall­a­vollita PhD, He is Asso­ciate Pro­fessor at the Depart­ment of Archi­tec­ture of Uni­ver­sity of Bologna where he tea­ches courses of drawing at the single cycle degree/​combined bachelor and master in Archi­tec­ture and first cycle degree Bachelor in Indus­trial Design. He gra­duated with honors in archi­tec­ture at Sapi­enza Uni­ver­sity of Rome. In 2008 he obtained a PhD in Sci­ences of Repre­sen­ta­tion and Survey at the Depart­ment: History, Design and Res­to­ra­tion of Archi­tec­ture at Sapi­enza Uni­ver­sity of Rome with a thesis enti­tled: The ruled sur­faces and deve­lo­p­able sur­faces, a rea­ding through the vir­tual lab. He deals with the issues of repre­sen­ta­tion and survey of archi­tec­ture. He is mainly inte­rested in renewal of descrip­tive geo­metry through the new infor­ma­tics tools. His rese­arch focused as well on the hypo­the­tical vir­tual recon­struc­tion of archi­tec­ture never built or lost.

Ric­cardo Foschi PhD, he is a rese­arch fellow, tutor and adjunct pro­fessor in the field of Archi­tec­tural Repre­sen­ta­tion and real time ren­de­ring in the faculty of Archi­tec­ture and Indus­trial Design, Alma Mater Stu­diorum Uni­ver­sity of Bologna. He is the author of many arti­cles in the field of vir­tual repre­sen­ta­tion, in par­ti­cular his rese­arch topics lie in the field of, vir­tual recon­struc­tion of never built or lost archi­tec­tures, app­lied digital ori­gami, para­metric and algo­rithmic mode­ling, descrip­tive geo­metry and survey of cul­tural heri­tage manu­facts with laser scanner, ste­reo­pho­to­gram­metry and pho­to­metric stereo techniques.

Rekon­struk­tion des Nicht­vor­han­denen? Tech­ni­sche Mög­lich­keiten und ethi­sche Fragen bei unge­bauten oder ver­lo­renen Objekten

Rafał Szra­jber

A story as a car­rier of infor­ma­tion about cul­tural heri­tage – from credible recon­struc­tions to visual fic­tion in video games.

 

The speech will pre­sent the use of video game envi­ron­ments in the areas of vir­tual recon­struc­tion in terms of the audience’s inte­rest in the issues of cul­tural heri­tage and a sci­en­tific approach to repre­sen­ting the sub­ject of rese­arch. Both of these areas are to be the star­ting mate­rial for the created sto­ries and estab­li­shing a dia­logue with the reci­pient. The sum­mary is to be a pre­sen­ta­tion of the Steam­Rift pro­ject which is a com­bi­na­tion of fic­tion and heri­tage in order to build com­mit­ment to rea­ding history. The pur­pose of visua­liz­a­tion here is to create a story that will build the user’s awa­reness by com­bi­ning his expe­ri­ences from the real world with the vir­tual one. The speech will indi­cate one of the important goals of digital visua­liz­a­tion – Envi­ro­tel­ling. It is a con­cept refer­ring to the latest ways of visua­li­zing heri­tage, which takes place in the medium of video games. The manner of this pre­sen­ta­tion takes a less direct form, buil­ding the mea­ning and value of heri­tage through several important ele­ments pre­sented in the article. Initial ideas for rese­ar­ching digital audi­ence of inter­ac­tive visua­liz­a­tions using methods known from video games – from stan­dar­dized satis­fac­tion sur­veys to tech­nical veri­fi­ca­tion of the mental effort needed to read or inter­pret the created mes­sage will also be pre­sented. The ori­ginal term and the con­cept of com­bi­ning the vir­tual and real world will be sup­ported by examples of ori­ginal pro­jects. Because not­hing is as memo­r­able as a good story.

Rafał Szra­jber Born and bred in Lodz; an archi­tect, desi­gner and lec­turer at the Strze­miński Aca­demy of Art in Lod­zand Lodz Uni­ver­sity of Tech­no­logy. His rese­arch inte­rests include the topic of archi­tec­ture in video­games, game design as a crea­tive pro­cess, and the use of local heri­tage in the area of new media as away of buil­ding local iden­tity and values. He lec­tures courses such as fun­da­men­tals of game design, inter­face design for video games and level design. He main­tains a keen inte­rest in envi­ron­mental sto­ry­tel­ling and infor­ma­tion-rich game world design. What inte­rests him most in the vir­tual dimen­sion is the rela­ti­onship bet­ween human beings and space (the series of Game City and Game­Di­stricts). By immer­sing himself in VR, he relishes the oppor­tu­nity to stop the hands of time ands­ketch – not only on a piece of paper. An ambassador of the games industry and pro­moter of inter-uni­ver­sity coope­ra­tion in the field video game edu­ca­tion. A co-orga­nizer of the Team Game­De­ve­lo­p­ment Com­pe­ti­tion (ZTGK) and Game Gra­phics Con­test. The inventor of the under­ground world of Steam Rifts.

Ewa Mani­kowska

The Gwoźd­ziec Syn­agogue Replica in the Museum of the History of Polish Jews. The human and sym­bolic dimen­sion of reconstruction

 

This paper reflects on the limits of 3D recon­struc­tion by ana­ly­zing the Gwoźd­ziec syn­agogue replica, the cen­ter­piece of the Polin Museum of the History Polish Jews in Warsaw. The Polin, inau­gu­rated in 2014, shows the cen­tu­ries-old history of Polish Jews, of mutual Jewish-Polish rela­tions and influ­ences through a nar­ra­tive, object­less, inter­ac­tive and over­loaded with infor­ma­tion and visual sti­muli exhi­bi­tion. However, its cen­tral exhibit is hand­made and based on extinct wooden tech­ni­ques. By asking why a tra­di­tional his­to­rical recon­struc­tion was given such a pro­mi­nent place in a mul­ti­media based nar­ra­tive exhi­bi­tion I will con­sider recon­struc­tion as a com­plex cul­tural pro­cess invol­ving issues of memory and iden­tity. I will ana­lyze the Gwoźd­ziec syn­agogue replica on two levels. First, as an excep­tional recon­struc­tion pro­ject based on the his­to­rical and ver­na­cular wooden tech­ni­ques and on the heri­tage of the pre-war pre­ser­va­tio­nists’ efforts in eas­tern Europe. Second, I will ana­lyze the cul­tural links con­nec­ting the replica pro­ject with post-war sal­vage and the resti­tu­tion of heir­less Jewish heri­tage to Jewish com­mu­nities around the world. In con­clu­sion I will argue that the Gwoźd­ziec syn­agogue replica is not just a faithful recon­struc­tion of a spe­cific buil­ding but it stands for the erased eas­tern Euro­pean Jewish heri­tage and Jewish com­mu­nity in general.

Ewa Mani­kowska serves as an Asso­ciate Pro­fessor at the Insti­tute of Art of the Polish Aca­demy of Sci­ences in Warsaw (Poland). She holds a Euro­pean Doc­to­rate in the Social History of Europe and the Medi­ter­ra­nean (Uni­ver­sity of Warsaw/​Ca’ Fos­cari Uni­ver­sity of Venice). She has also worked for various museum insti­tu­tions, inclu­ding Gal­leria Pala­tina in Flo­rence and the National Museum in Warsaw. Her rese­arch inte­rests focus on the history of collec­ting, survey pho­to­graphy, cul­tural heri­tage, and art resti­tu­tion at the time of the First World War. Cur­r­ently, she acts as Principal Inves­ti­gator of the Polish rese­arch team of the EU-funded Pro­ject “Digital Heri­tage in Cul­tural Con­flicts DigiCONFLICT”.

Stefan Heinz

Ger­mania digital? Zum Umgang mit nicht gebauter NS-Archi­tektur im ana­logen und digi­talen Zeitalter

 

Die Archi­tektur des Natio­nal­so­zia­lismus bietet – gemessen an der Pla­nungswut der Macht­haber – einen bemer­kens­wert geringen Output an tat­säch­lich errich­teten Bauten. Nicht zu Unrecht ist daher auf die pro­pa­gan­dis­ti­sche Rolle der NS-Archi­tektur in Papier- und Modell­form hin­ge­wiesen worden: Renom­mierte Foto­grafen wie Hugo Schmölz wurden beauf­tragt, Modell­fotos und Auf­nahmen gebauter Denk­mä­lern anzu­fer­tigen, um sie in Fach­zeit­schriften und ideo­lo­gisch moti­vierten Pracht­bänden (z.B. Gerdy Troost: „Das Bauen im Neuen Reich“ 1938) zu publi­zieren. Diese Film- und Foto­auf­nahmen sind noch heute Teil einer jeden TV-Doku­men­ta­tion. In wis­sen­schaft­li­chen Auf­be­rei­tung, aber auch in der all­ge­meinen Popu­lär­kultur (Serien wie „Man in the high castle“, Video­spiele wie „Wol­fen­stein“) nehmen zudem inzwi­schen vir­tu­elle 3D-Rekon­struk­tionen eine immer größer wer­dende Stel­lung ein, ohne dass die Impli­ka­tionen voll­ständig durch­dacht wurden.
Der Vor­trag zielt daher auf zwei sich ergän­zende Fra­ge­stel­lungen ab: Einer­seits soll die Rolle der in ana­logen Medien publi­zierten Modelle ver­glei­chend hin­ter­fragt werden und wel­chen Stel­len­wert man ihnen zuge­stehen muss. Ande­rer­seits soll der Bogen zur Methode der vir­tu­ellen Rekon­struk­tion, auch in ihrem Ein­satz in der popu­lär­wis­sen­schaft­li­chen Auf­be­rei­tung, geschlagen werden. Neben der durchaus dis­ku­ta­blen Frage, ob es mora­lisch legitim ist, die poli­ti­sche Kulis­sen­ar­chi­tektur des Dritten Rei­ches derart zu über­höhen, stellt sich die metho­di­sche Frage nach der Ver­an­schau­li­chung von Zeit­schnitten. Da beson­ders die städ­te­bau­li­chen Groß­pla­nungen einem ste­tigen Wandel unter­worfen waren, ist die Frage, welche un-gebauten Zustände visua­li­siert werden sollen, nahe­lie­gend. Darin liegt jedoch zugleich eine große Chance dieser Auf­be­rei­tung: Neben der all­ge­meinen Erschließ­bar­keit eröffnen frei wähl­bare, poly­per­spek­ti­vi­sche Blick­winkel zusätz­liche Betrach­tungs­ebenen und tragen so zu einem maß­geb­lich Erkennt­nis­ge­winn bei.

Stefan Heinz stu­dierte Kunst­ge­schichte und Geschichte an der Uni­ver­sität Trier und wurde 2013 mit der Arbeit „Richard von Greif­fen­klau und sein Grabmal – Stu­dien zu einem geist­li­chen Fürsten an der Wende zur Neu­zeit“ pro­mo­viert (Druck 2017). Von 2008 bis 2014 war er Lehr­be­auf­tragter an der Uni­ver­sität Trier; mit Semi­naren und Publi­ka­tionen zu Themen der Archi­tektur- und Kunst­ge­schichte. Von 2015 bis 2016 erfolgte ein zwei­jäh­riger For­schungs­auf­ent­halt als FNR-Rese­arch-Fellow an der Uni­ver­sité du Luxem­bourg mit dem Pro­jekt „Iden­tity Dele­tion: The stra­te­gies for archi­tec­tural and urban rede­sign of Luxem­bourg City during the Nazi occup­a­tion“. Neben der Mit­ar­beit an diversen Aus­stel­lungs­pro­jekten, u.a. in Luxem­burg, Bonn, Mainz und Trier war er Geschäfts­führer der Volks­hoch­schule Witt­lich. Seit April 2020 ist Heinz Mit­ar­beiter am Stadt­ar­chiv Stutt­gart als Redak­teur für das Digi­tale Stadt­le­xikon Stutt­gart (50%) und zusätz­lich seit Sep­tember 2020 Bear­beiter des Inschrif­ten­be­standes für den Kreis Cochem-Zell an der Aka­demie der Wis­sen­schaften Mainz (50%).

Dietmar Kur­apkat, Anne Mollenhauer

Durch die vir­tu­ellen Bas­argassen von Aleppo – zu den denk­mal­pfle­ge­ri­schen Poten­zialen einer web­ba­sierten Game Engine Umgebung

 

Das drei Qua­drat­ki­lo­meter große Basarareal von Aleppo gilt mit seinen über­wölbten Gassen und flan­kie­renden Geschäften, Kara­wan­se­reien und beein­dru­ckenden Moscheen als eines der schönsten der isla­mi­schen Welt. Im Zuge der kämp­fe­ri­schen Aus­ein­an­der­set­zungen in Syrien wurden ab dem Jahr 2012 große Teile des Basars von Aleppo beschä­digt oder zerstört.
Noch vor dem Ende der Kampf­hand­lungen stellte sich die Frage, welche bau­his­to­ri­schen Wis­sens­grund­lagen für spä­tere Dis­kus­sionen zur denk­mal­ge­rechten Repa­ratur oder dem Wie­der­aufbau zu Ver­fü­gung stehen würden und wie diese den unter­schied­li­chen lokalen und inter­na­tio­nalen Sta­ke­hol­dern nied­rig­schwellig, anschau­lich und zugleich wis­sen­schaft­lich nach­voll­ziehbar zugäng­lich gemacht werden könnten. Im Rahmen des Archaeo­lo­gical Heri­tage Net­work wurde ein Pro­jekt initi­iert und von der Gerda Henkel Stif­tung finan­ziert, das in zwei Arbeits­gruppen am Deut­schen Archäo­lo­gi­schen Institut (DAI) in Berlin und an der Archi­tek­tur­fa­kultät der Ost­baye­ri­schen Tech­ni­schen Hoch­schule (OTH) Regens­burg die inhalt­li­chen Grund­lagen recher­chiert und in einem web­ba­sierten 3D-Modell zusam­men­ge­führt hat. Das Modell ver­an­schau­licht die his­to­ri­schen Denk­mäler des Basars sowohl im rekon­stru­ierten Zustand vor den Kriegs­ein­wir­kungen als auch mit den seit 2012 ein­ge­tre­tenen Beschä­di­gungen und doku­men­tiert zugleich den bau­his­to­risch-denk­mal­pfle­ge­ri­schen Wis­sens­stand über die kom­plexen Basar­struk­turen. Die ver­füg­baren Meta­daten (Pläne, Fotos, Luft­auf­nahmen, schrift­liche Doku­mente) wurden hin­sicht­lich der Ver­läss­lich­keit ihrer Loka­li­sie­rung, sowie der Dimen­sionen und Formen der ein­zelnen Bauten aus­ge­wertet. Die im Zuge der Modell­ge­ne­rie­rung zwangs­läufig in Erschei­nung tre­tenden Wider­sprüche und Unge­wiss­heiten werden nicht ver­schleiert, son­dern explizit dar­ge­stellt und im Modell mit Bild­quellen und Text­re­fe­renzen hin­ter­legt. Der Pro­zess des Modell­baus trägt damit zur Ver­ge­wis­se­rung und kri­ti­schen Hin­ter­fra­gung bau­his­to­ri­scher Kennt­nis­stände bei und stellt dieses Wissen für fol­gende reale Dis­kus­sions- und Ent­schei­dungs­pro­zesse zur Ver­fü­gung. Um diese Erkennt­nisse mög­lichst nied­rig­schwellig einem breiten Spek­trum von Fach­leuten und bür­ger­schaft­li­chen Com­mu­nities zugäng­lich zu machen, musste ein tech­no­lo­gi­scher Weg gefunden werden, die daten­in­ten­siven Gebäu­de­geo­me­trien und Meta­daten auch auf ein­fa­chen End­ge­räten wie han­dels­üb­li­chen PCs, Lap­tops, Tablets und Smart­phones inter­aktiv und explo­rativ erfahrbar zu machen. Die Lösung besteht in der Umfunk­tio­nie­rung einer Open Source basierten, übli­cher­weise für die Pro­gram­mie­rung von Com­pu­ter­spielen gebräuch­li­chen Game Engine Umge­bung („Unreal Engine“) und ihrer Adap­tion für die oben genannten wis­sen­schaft­li­chen und wis­sens­dis­tri­bu­ie­renden Zwecke sowie ihrer Aus­stat­tung mit einer weit­ge­hend intuitiv zu bedie­nenden Benut­zer­ober­fläche. Über den denk­mal­pfle­ge­ri­schen Nutzen für die kon­krete Fall­studie in Aleppo hinaus, ver­deut­li­chen die Pro­jekt­er­geb­nisse die denk­mal­pfle­ge­ri­schen und bau­his­to­ri­schen Poten­ziale der Game Engine Tech­no­logie auch für andere his­to­ri­sche Orte und Bauten.

Dietmar Kur­apkat hat an der Uni­ver­sität Karls­ruhe Archi­tektur stu­diert und wurde an der Tech­ni­schen Uni­ver­sität Berlin im Fach­ge­biet His­to­ri­sche Bau­for­schung pro­mo­viert. Seine For­schungs­ge­biete rei­chen vom frü­hesten Bauen der Mensch­heits­ge­schichte im vor­der­asia­ti­schen Neo­li­thikum über bronze- und eisen­zeit­liche, spät­an­tike und osma­ni­sche Archi­tektur in Vor­der­asien bis hin zur Bau­ge­schichte und Denk­mal­pflege zu Bauten des 20. Jahr­hun­derts. Seit 2015 bekleidet er die Pro­fessur für Denk­mal­pflege und Bau­for­schung an der Fakultät Archi­tektur der Ost­baye­ri­schen Tech­ni­schen Hoch­schule Regens­burg und leitet dort den mul­ti­dis­zi­pli­nären Mas­ter­stu­di­en­gang His­to­ri­sche Bauforschung.

Anne Mol­len­hauer holds an M.A. in Art History, Archaeo­logy and Roman Lan­guages from the Uni­ver­sity of Frank­furt am Main (1995) and a post-gra­duate degree in Buil­ding Archaeo­logy and Con­ser­va­tion from Fried­rich-Wil­helm Uni­ver­sity of Bam­berg. She com­pleted her D.Phil. in Archaeo­logy on the “Genesis of a House Form. Urban Cen­tral Hall Houses in Beirut, Damaskus and Jeru­salem and their sur­roun­ding in the 19th cen­tury” at Frank­furt uni­ver­sity (2005).
Since 2000 she was involved in nume­rous pro­jects dealing with archi­tec­tural history and buil­ding archaeo­logy: in Beirut (Lebanon), Resafa (Syria) and Erbil (Auto­no­mous Region of Kur­di­stan Iraq).
Since 2019 she is coor­di­na­ting the Syrian Heri­tage Archive Pro­ject at the Museum for Islamic Art, Per­ga­mon­mu­seum, Berlin.
In addi­tion she is a lec­turer for Islamic Art and Archaeo­logy at Frank­furt University.

Pra­xis­an­wen­dungen in Bau­for­schung, Denk­mal­pflege und Didaktik

Cle­mens Brünenberg

Aug­mented Recon­struc­tion – Inter­dis­zi­pli­näre Metho­den­ent­wick­lung in den Mixed Rea­li­ties für die his­to­ri­sche Bauforschung

 

Drei­di­men­sio­nale Bestands- und Rekon­struk­ti­ons­mo­delle ver­gan­gener Gebäu­de­zu­stände werden in der his­to­ri­schen Bau­for­schung spä­tes­tens seit dem second digital turn als heu­ris­ti­sches Werk­zeug begriffen. Über ihre lange solitär ver­stan­dene Funk­tion als Ver­mittler bestimmter visu­eller Vor­stel­lungen hinaus tragen diese Modelle ent­schei­dend dazu bei, unser Ver­ständnis zu Bau­ab­läufen, Bau­phasen, Raum­ge­stal­tung oder kon­struk­tiven Zusam­men­hängen bis hin zu Detail­lö­sungen zu klären. Die inhalt­liche Bedeu­tung und Aus­sa­ge­kraft spe­ziell der Rekon­struk­ti­ons­mo­delle steht in enger Bezie­hung mit dem realen Objekt, ihr Ent­ste­hungs­pro­zess ist in aller Regel jedoch von diesem los­ge­löst. Der Vor­trag beleuchtet erste Zwi­schen­er­geb­nisse des seit November 2019 an der TU Darm­stadt lau­fenden, inter­dis­zi­pli­nären Pro­jektes, in dem durch die tech­ni­schen Mög­lich­keiten der Aug­mented Rea­lity (AR) genau dieser Ent­ste­hungs­pro­zess der Rekon­struk­ti­ons­mo­delle erst­mals direkt mit dem Unter­su­chungs­ob­jekt ver­bunden wird. Dabei wird der tat­säch­lich exis­tie­rende Gebäu­de­be­stand mit dem zuvor digital erfassten, geo­me­tri­schen Bestands­mo­dell ver­knüpft, um darauf unmit­telbar am Objekt die vir­tu­elle Rekon­struk­tion auf­zu­bauen. Ermög­licht wird dies über die AR-Umge­bung der Micro­soft Holo Lens 2. In dieser Umge­bung sollen in der ersten Stufe des Pro­jektes zunächst noch keine „fer­tigen“ Rekon­struk­ti­ons­mo­delle erstellt werden, viel­mehr dient das digi­tale Anwen­dungs­werk­zeug „Aug­mented Recon­struc­tion“ zur Umset­zung und Visua­li­sie­rung von Arbeits­hy­po­thesen, archi­tek­to­ni­schen Mög­lich­keiten und ersten Rekon­struk­ti­ons­an­sätzen vor Ort. Ein inte­graler Bestand­teil dieses inno­va­tiven Ansatzes stellt die Ver­net­zung aller am Rekon­struk­ti­ons­pro­zess betei­ligten Per­sonen am Objekt dar. Per Stream direkt von der AR-Brille wird es mög­lich, eine breite, inter­dis­zi­plinär aus­ge­rich­tete und ebenso orts­un­ab­hän­gige Dis­kus­sion zu erlauben. So ist es bei­spiels­weise mög­lich, der rekon­stru­ie­renden Person wei­tere Expert*innen wie Denk­mal­pfleger, Archi­tek­tinnen, His­to­riker oder Archäo­lo­ginnen hin­zu­zu­schalten. Die Ergeb­nisse dieser kol­la­bo­ra­tiven Arbeit finden unmit­telbar in der Rekon­struk­tion ihre Umset­zung. Ziel des in Koope­ra­tion mit Prof. Dr.-Ing. Martin Kim (Hoch­schule Mann­heim) durch­ge­führten Pro­jektes ist die Ent­wick­lung eines digi­talen Arbeits­werk­zeuges zur metho­di­schen Anwen­dung dieses neuen Ansatzes. Die Erpro­bung und Ent­wick­lung des Werk­zeuges erfolgt am Bei­spiel der UNESCO-Welt­erbe­stätte der römi­schen Bar­bara­thermen in Trier.

Cle­mens Brü­nen­berg is a Sci­en­tific Assi­stant at the Chair of Archaeo­logy, Depart­ment Archi­tec­ture at Tech­nical Uni­ver­sity of Darm­stadt and is spe­cia­lised in digital archi­tec­tural history and the deve­lo­p­ment of digital methods in buil­ding archaeo­logy. He stu­died Archi­tec­ture at the Karls­ruhe Insti­tute of Tech­no­logy. In 2015 he com­pleted his doc­toral thesis at the Bran­den­burg Tech­nical Uni­ver­sity of Cottbus-Senf­ten­berg on “The Roman Bath at Baalbek”, a study on the archi­tec­tural history of a 3rd cen­tury Bath buil­ding and the deve­lo­p­ment of Roman bath com­plexes in the Levant. Since 2014 he is tea­ching archi­tec­tural history and methods of digital buil­ding docu­men­ta­tion at TU Darm­stadt. Bes­ides rese­arch pro­jects in Ger­many (Die­burg, Ingel­heim), Italy (Pom­peji) and Greece (Frangonissi/​Olympia), his main rese­arch is focussed on the heu­ristic value of 3D models and the deve­lo­p­ment of digital tools for archi­tec­tural history and archaeo­logy. Since 2019 Cle­mens Brü­nen­berg has been direc­ting the DFG-funded rese­arch pro­ject “Aug­mented Recon­struc­tion” repre­sented here and since 2021 he is PI of the BMBF-funded rese­arch pro­ject “4D – A Tool for affor­dance-based day­light ana­lysis and simu­la­tion of Greek and Roman housing”.

Sarah Pit­troff

Von der Rekon­tex­tua­li­sie­rung digi­taler Bilder zur Visua­li­sie­rung his­to­ri­scher Zustände: Model­lie­rung und Kon­tex­tua­li­sie­rung digi­taler Cor­pus­fo­to­gra­fien im Cul­tural Heri­tage Framework

 

Die Grün­dung des Corpus Vit­rearum Medii Aevi (CVMA), dem Corpus mit­tel­al­ter­li­cher Glas­ma­le­reien, fußt auf der inter­na­tio­nalen Anstren­gung, die foto­gra­fi­sche Doku­men­ta­tion der kunst­his­to­ri­schen Denk­mäler zur sys­te­ma­ti­schen Erfas­sung, Erfor­schung und Ver­mitt­lung der Glas­ma­le­reien fruchtbar zu machen. Die Abbil­dungen der Glas­ma­le­reien sind im Cor­pus­band nicht lllus­tra­tionen des wis­sen­schaft­li­chen Textes,  sie werden im fer­tigen Cor­pus­werk in Stell­ver­tre­tung der Kunst­werke zum Argu­ment und eigent­li­chen For­schungs­ge­gen­stand für Wis­sen­schaft­le­rInnen. Die klas­si­schen Cor­pus­fo­to­grafie ope­ra­tio­na­li­siert die Abbil­dungen über eine Stan­dar­di­sie­rung der Auf­nahmen und macht diese so als wis­sen­schaft­liche For­schungs­ge­gen­stände ver­gleichbar. Diese Stan­dar­di­sie­rung hat die Objek­ti­vie­rung oder Nor­ma­li­sie­rung der Abbil­dungs­form – nicht aber des Gegen­standes – zum Ziel, die alle Aspekte außer der Dar­stel­lung des eigent­li­chen Objektes, der Glas­ma­lerei, aus­schließt. Diese cor­pus­mä­ßige Ent­kon­tex­tua­li­sie­rung ist Vor­aus­set­zung für die wis­sen­schaft­liche Ver­gleich­bar­keit der Abbil­dungen und damit der Objekte.
Das spe­zi­fi­sche Ver­hältnis zwi­schen wis­sen­schaft­li­chem Abbild und Text ist glei­cher­maßen wichtig und cha­rak­te­ris­tisch für die Struk­tu­rie­rung eines Corpus. Bild und Text werden gemeinsam zum Wis­sens­träger: Der Werk­zu­sam­men­hang spielt bei­spiels­weise für die Beur­tei­lung ein­zelner Fenster als Teil einer Aus­stat­tungs­kam­pagne eine wich­tige Rolle, die nicht in der Abbil­dung dafür aber im geschrie­benen Text eines Cor­pus­bandes zum Tragen kommt. Die digi­tale Abbil­dung hat im Ver­gleich zum Bild im gedruckten Band ein ver­än­dertes Ver­hältnis zum trans­por­tierten Wissen. Der im Band beschrie­benen Wis­sens­schatz findet sich im CVMA model­liert, also ver­ein­facht und stan­dar­di­siert, ein­ge­bettet als Meta­daten in der der digi­talen Abbildung.
Die Wahr­neh­mung der digi­talen Bilder findet aber zunächst ent­kon­tex­tua­li­siert sowohl vom räum­li­chen Zusam­men­hang (der aktu­ellen oder ursprüng­li­chen Anbrin­gung im Kir­chen­raum) der Werke als auch des linearen Cor­pus­textes statt. Frag­men­tiert bis auf ein­zelne Scheiben werden Abbil­dungen im Bild­ar­chiv (cor​pus​vit​rearum​.de/​b​i​l​d​a​r​c​h​i​v​.​h​tml) der For­schung und Öffent­lich­keit zur Ver­fü­gung gestellt.
Über das Cul­tural Heri­tage Frame­work wird die Rekon­tex­tua­li­sie­rung auf der Ebene des Daten­mo­dells ermög­licht. Wäh­rend das online Bild­ar­chiv also die Gesamt­heit der ein­zelnen Abbil­dungen zur Ver­fü­gung stellt, wird das Modul “Fens­ter­kon­text” die Zusam­men­fas­sung meh­rerer Scheiben zu Fens­tern, also über­ge­ord­neten Objekten prä­sen­tieren. Diese werden zur bes­seren Ori­en­tie­rung der Nutzer zu Objekt­gruppen oder archi­tek­to­ni­schen Teil­räumen zusam­men­ge­fasst. Am Bei­spiel der nur frag­men­ta­risch erhal­tenen Ver­gla­sung der Erfurter Bar­fü­ßer­kirche kann gezeigt werden, wie hiermit unter­schied­liche Zusam­men­stel­lungen der Scheiben zu ver­schie­denen his­to­ri­schen Zuständen der Fenster visua­li­siert werden können.

Sarah Pit­troff ist an der Aka­demie der Wis­sen­schaften und der Lite­ratur | Mainz als wis­sen­schaft­liche Koor­di­na­torin von NFDI4Culture tätig, dem Kon­sor­tium für For­schungs­daten des mate­ri­ellen und imma­te­ri­ellen Erbes inner­halb der Natio­nalen Forschungsdateninfrastruktur.
Ihre wis­sen­schaft­liche Heimat als Kunst­his­to­ri­kerin ist die medi­ävis­ti­sche Glas­ma­le­rei­for­schung. Diese pflegt sie als Pro­jekt­ko­or­di­na­torin für das digi­tale Bild­ar­chiv des Corpus Vit­rearum Medii Aevi an der Digi­talen Aka­demie, der Digital Huma­nities –For­schungs­ab­tei­lung der AWLM, wie auch in ihrer Dis­ser­ta­tion zu mit­tel­al­ter­li­cher Glas­ma­lerei und den Bezie­hungen ihrer Bild­pro­gramme zur rest­li­chen Kir­chen­aus­stat­tung bei Prof. Dr. Müller.
Als diplo­mierte Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ge­stal­terin ist ihr Blick für den Zusam­men­hang von Form und Aus­sage nicht nur aus der wis­sen­schaft­li­chen Per­spek­tive scharf son­dern mit lang­jäh­riger Berufs­er­fah­rung auch aus der kon­struktiv gestaltenden.

Piotr Mar­ci­niak

Analog or digital? About phe­no­me­no­logy and archi­tec­tural heri­tage in times of crisis. Some pole­mical comments about the digital world in times of crisis

 

It is dif­fi­cult to ima­gine the modern world without digi­tiz­a­tion and new media, and it is even more dif­fi­cult to ima­gine modern archi­tec­ture and heri­tage pro­tec­tion without 3D model­ling. Con­tem­porary metho­do­lo­gical reflec­tion clearly for­gets the “tra­di­tional visua­liz­a­tions” of the his­to­rical state of the object as a didactic and metho­do­lo­gical tool. The digital world is pro­bably the only medium for docu­men­ta­tion and publi­ca­tions pre­sen­ting the diver­sity of archi­tec­tural heri­tage. This is also our expe­ri­ence in tea­ching. It seems that LiDAR scan­ning, digital city model (at the LoD2 level for now) or 3D model­ling are the only solu­tions to revive the for­gotten heri­tage. Maybe it is worth loo­king into the ana­logue world.
Archi­tec­ture, but also its heri­tage, require a direct sense of what exists directly. The legacy of the past is the sum of indi­vi­dual impres­sions and fee­lings, and even more, per­sonal per­cep­tions. It seems that modern tools cannot pro­vide in situ expe­ri­ence or direct impres­sions resul­ting from com­muning with architecture.
In the pre­sen­ta­tion I would like to demons­trate both ways of visua­li­zing the archi­tec­tural heri­tage, but also to talk about its future. On the one hand, I would like to show prac­tical methods of heri­tage pro­tec­tion using 3D tech­no­lo­gies and their use in didac­tics, on the other, I would like to talk about phe­no­me­no­lo­gical expe­ri­ence, per­cep­tions and ways to build social sen­si­ti­vity. Espe­cially in times of crisis.

Piotr Mar­ci­niak is an archi­tect, town planner and archi­tec­ture his­to­rian. He stu­died archi­tec­ture at the TU Poznań and was a rese­arch assi­stant at the Depart­ment of Archi­tec­tural History there (1992 – 1999). In 1999, he received his doc­to­rate with a thesis on archi­tec­ture of the Polish Roma people. He has lec­tured at uni­ver­si­ties in Poland, the USA, Cuba, and Georgia. He obtained his habi­li­ta­tion at the Warsaw Uni­ver­sity of Tech­no­logy in 2010, and title of pro­fessor in 2020. In 2017, he received a rese­arch fel­low­ship at the Herder-Institut für his­to­ri­sche Ost­mit­tel­eu­ro­pa­for­schung-Institut der Leibniz-Gemein­schaft, Mar­burg. Since 2011, he has been a pro­fessor of archi­tec­ture, archi­tec­tural history and heri­tage pro­tec­tion at the Poznań Uni­ver­sity of Tech­no­logy and head of the Depart­ment of History, Theory and Heri­tage Pre­ser­va­tion. His rese­arch focus is on con­tem­porary archi­tec­ture in Poland and Cen­tral and Eas­tern Europe; con­ser­va­tion of the cul­tural and tech­no­lo­gical heri­tage; archi­tec­ture of national and ethnic mino­ri­ties; and archi­tec­tural theory. He has authored over 140 publi­ca­tions, and has created nearly 200 archi­tec­tural, town plan­ning and con­ser­va­tion projects.

Julia Röttjer

Visua­li­sie­rung für eine glo­bale Öffent­lich­keit? Die Prä­sen­ta­tion von Objekten der pol­ni­schen Denk­mal­pflege in der inter­na­tio­nalen Zusammenarbeit

 

Die inter­na­tio­nalen Ver­flech­tungen der Denk­mal­pflege hatten in den 1960er Jahren auf der Ebene insti­tu­tio­neller Zusam­men­ar­beit eine neue Dimen­sion ange­nommen. Für die Prä­sen­ta­tion der eigenen Pro­jekte auf inter­na­tio­nalen Zusam­men­künften waren bild­liche Dar­stel­lungen von beson­derer Bedeu­tung. Formen der Visua­li­sie­rung his­to­ri­scher Zustände von denk­mal­pfle­ge­ri­schen Objekten spielten ins­be­son­dere für das Pro­gramm des UNESCO-Welt­erbes, das schließ­lich in den 1970er Jahren rea­li­siert werden konnte, eine wich­tige Rolle bei der Begut­ach­tung der nomi­nierten Stätten. Doch das Welt­erbe­ko­mitee bemühte sich durchaus von Beginn an auch um die Bewer­bung der neuen Welt­erbe­liste – nicht zuletzt für tou­ris­ti­sche Zwecke – mit unter­schied­li­chen Medien von Zeit­schrif­ten­ver­öf­fent­li­chungen bis zum Kom­plettset Dia­po­si­tive. Die pol­ni­schen Denk­mal­pfleger waren in dieser Zeit im Pro­jekt Welt­erbe und in ICOMOS beson­ders aktiv. Die Grün­dung von ICOMOS in Polen 1965 hatten sie nutzen können, um ihre Denk­mäler einer großen inter­na­tio­nalen Fach­öf­fent­lich­keit prä­sen­tieren zu können. Doch grund­sätz­lich gab es nur wenig Mög­lich­keiten zu solch direktem Aus­tausch am Objekt mit den Kol­le­ginnen und Kol­legen aus ganz Europa (und dar­über hinaus). Nicht zuletzt war auch der Aus­tausch über Tech­niken der bild­li­chen Bau­auf­nahme wie die Pho­to­gram­me­trie selbst ein rele­vantes Thema für das pol­ni­sche Natio­nal­ko­mitee von ICOMOS, wie dessen Archiv­be­stände zeigen.

Der geplante Bei­trag führt die Thesen über Ziele und Methoden der Visua­li­sie­rung pol­ni­scher Welt­erbe­stätten weiter bis in die Gegen­wart zu den viel­fältig ver­füg­baren digi­talen 3D-Modellen, Ani­ma­tionen und Stadt­rund­fahrten. Sie werden von unter­schied­li­chen Akteuren für pol­ni­sche Welt­erbe­stätten ent­worfen und ver­breitet – etwa für die Holz­kir­chen im süd­li­chen Klein­polen, das War­schauer Stadt­zen­trum, aber auch für das Lager Ausch­witz-Bir­kenau. Zum Teil werden ähn­liche Ziele ver­folgt wie mit tra­dierten Visua­li­sie­rungs­formen, die von foren­si­scher Beweis­auf­nahme über die Doku­men­ta­tion his­to­ri­scher Zustände bis zu fach­li­cher und tou­ris­ti­scher Ver­brei­tung rei­chen. Doch scheinbar traten auch neue Ziele und Methoden hinzu. Hat bei­spiels­weise die nost­al­gi­sche Her­auf­be­schwö­rung der Ver­gan­gen­heit mit­tels der digi­talen Mög­lich­keiten eine neue Qua­lität oder ist sie nicht viel­mehr impli­ziter Bestand­teil inter­na­tio­naler Register und Pro­gramme, wie es das Pro­jekt Welt­erbe ver­kör­pert? Inwie­fern erlauben digi­tale drei­di­men­sio­nale Umge­bungen einer breiten Öffent­lich­keit ein Urteil über die his­to­ri­schen Zustände eines Denk­mals und seiner Bedeu­tung für die Gegen­wart, die über die Mög­lich­keiten ana­loger Ver­fahren hin­aus­gehen und was folgt daraus?

Julia Röttjer ist seit 2016 wis­sen­schaft­liche Mit­ar­bei­terin am Deut­schen Polen-Institut. Stu­dium der Ost­eu­ro­päi­schen Geschichte, Mitt­leren und Neueren Geschichte, Kunst­ge­schichte und Poli­tik­wis­sen­schaft an der Chris­tian-Albrechts-Uni­ver­sität zu Kiel, mit Auf­ent­halten an der Staat­li­chen Uni­ver­sität Irkutsk sowie dem Art Insti­tute of Chi­cago. Seit 2005 wiss. Pro­jekt­lei­terin in Netz­werk­vor­haben aus den Berei­chen Bil­dung, Soziales, Geis­tes­wis­sen­schaften. For­schungs­schwer­punkte: Erin­ne­rungs­kul­turen, Geschichts­po­li­tiken, his­to­ri­sche Ver­mitt­lung und mate­ri­elle Kultur; Urba­nistik und Archi­tektur; Kul­tur­erbe, Welt­erbe und inter­na­tio­nale Geschichte; Reli­gion und Sozia­lismus. Ihr Pro­mo­ti­ons­vor­haben zu Ausch­witz-Bir­kenau als UNESCO-Welt­erbe an der Johannes Guten­berg-Uni­ver­sität Mainz steht vor dem Abschluss.

Exkur­sion

Visit of the Guten­berg Museum

The Guten­berg Museum is one of the oldest museums of prin­ting in the world, located oppo­site the cathe­dral in the old part of Mainz, Ger­many. It is named after Johannes Guten­berg, the inventor of prin­ting from movable metal type in Wes­tern Europe. The collec­tions include prin­ting equip­ment and examples of printed mate­rials from many cul­tures. Its main attrac­tions include two copies of the Guten­berg Bible, the oldest book printed with movable type, and a tem­porary exhi­bi­tion on typo­graphy and book design.

Guided-tour orga­nized by the Guten­berg Museum
Lan­guage: Englisch

Besich­ti­gung St. Johannis

ES SOLLTE EINE FUSSBODENHEIZUNG WERDEN … und dann war es eine archäo­lo­gi­sche Sen­sa­tion! Seit 2013 wühlen sich die Archäo­logen in der Mainzer St. Johan­nis­kirche Schicht um Schicht in den Boden und in die Ver­gan­gen­heit. Lange schon hatte man ver­mutet, dass hier die älteste christ­liche Kirche von Mainz stehen könnte, inzwi­schen scheint es Gewiss­heit zu sein: Die Johan­nis­kirche ist „Der Alte Dom“ von Mainz. Die Johan­nis­kirche ist die älteste Kirche in Mainz, nach dem Trierer Dom die zweit­äl­teste erhal­tene Bischofs­kirche auf deut­schem Boden und ein­ziger erhal­tener Dombau aus mero­win­gi­scher, spät­ka­ro­lin­gi­scher und frühot­to­ni­scher Zeit in Deutschland.

Füh­rung mit Dr. Guido Faccani (Lei­tung der Aus­gra­bungen am St. Johannis)
Sprache: Deutsch

Stadt­füh­rung „Rekon­struk­tion der Stadt Mainz nach 1945“

Die Gestal­tung der Innen­stadt von Mainz ist nicht ohne den Wie­der­aufbau der stark zer­störten Stadt nach dem Zweiten Welt­krieg und den damit ver­bun­denen, immer noch andau­ernden Rekon­struk­tionen von Gebäuden ver­ständ­lich. Ande­rer­seits ist die Innen­stadt stark geprägt von den fran­zö­si­schen Pla­nungen für May­ence (Mainz) ins­be­son­dere von 1806, aber auch von 1945/​46. Der Rund­gang führt vom Schil­ler­platz über die Lud­wigs­straße zum Markt und dann an der Ruine von St. Chris­toph vorbei bis zum Schloss.

Füh­rung mit Lorenz Frank (His­to­ri­sche Bau­for­schung FRANKMIELKE GbR)
Sprache: Deutsch und Polnisch

Besich­ti­gung des Mainzer Rathauses

Arne Jacob­sens Mainzer Rat­hausbau von 1974 gehört zu den bedeu­tendsten öffent­li­chen Bau­werken der deut­schen Nach­kriegs­mo­derne und darf zugleich als Ver­mächtnis des däni­schen Star­ar­chi­tekten gelten. Das in Zusam­men­ar­beit mit Otto Weit­ling 1968 ent­wor­fene und 1974 fer­tig­ge­stellte Rat­haus war in seiner Zeit eine der größten und anspruchs­vollsten poli­ti­schen Bau­auf­gaben, woraus sich sein her­aus­ra­gender Denk­mal­wert ergibt. Nach jahr­zehn­te­langer Nut­zung und durch Ver­nach­läs­si­gung eines kon­ti­nu­ier­li­chen Bau­un­ter­halts zum Sanie­rungs­fall geworden, stellt sich mehr denn je die Frage, wie mit diesem monu­men­talen Archi­tek­tur­erbe der 1960/70er-Jahre künftig umzu­gehen ist. Der­zeit wird die Sanie­rung vor­be­reitet, deren Umfang und Auf­wand immer noch umstritten ist. Die Füh­rung wird das berühmte Mainzer Rat­haus vor­stellen und auch die denk­mal­pfle­ge­ri­schen Pro­bleme thematisieren.

Füh­rung ver­an­staltet von Beto­nisten – Initia­tive zur Ver­mitt­lung der Nach­kriegs­ar­chi­tektur in Mainz
Sprache: Deutsch

Abend­vor­trag

Krzy­sztof Koszewski

A pic­ture is worth a thousand… doubts?
Theo­re­tical reflec­tion on digital images.

 

Digi­tally mediated infor­ma­tion has become an essen­tial part of our acti­vi­ties. It tou­ches almost all aspects of our lives. This ten­dency is visible, star­ting from the con­cepts of the Internet in the 60-ties, through the intro­duc­tion of inter­linked hyper­tex­tual world wide web in the 80-ties, to the emer­gence of prosumer’s Web 2.0 in the mid-2000s and, finally, image-based social media in the 2010s. At the same time, we treat this digital realm as a par­allel, alter­na­tive rea­lity, less serious and almost igno­r­able. This digital dua­lism still causes a par­ti­cular dialectic approach to digital assets and their visual repre­sen­ta­tions in archi­tec­tural heri­tage, even if they became an inte­gral part of rese­arch acti­vity in the field. The pan­demic caused most com­mu­ni­ca­tion acti­vi­ties to move to com­puter-mediated envi­ron­ments. Re-eva­lua­tion of societal goals and para­digm shifts asso­ciated with the rela­tion of direct and vir­tual inter­ac­tion became a fact. The role and inter­pre­ta­tions of images of the past get more and more com­pli­cated and con­di­tioned. The ques­tion is: are we ready for that?
We treat images as con­fir­ma­tion of facts. Such power is still rooted in the prac­tices derived from tra­di­tional pho­to­graphy. We are aware of the end­less pos­si­bi­li­ties of modi­fi­ca­tion of digital assets, but this does not change this approach. The net­worked visual cul­ture foun­ding state­ment per­fectly expresses such “wit­nessing” abi­lity of con­tem­porary images: “pics or it did not happen”.
We pro­duce pics – visual repre­sen­ta­tions of the past – but we have to find a strai­ght­for­ward way of saying “pics, but it could have hap­pened”. At the same time, pic­tures that make up our visual uni­verse become more and more detached from rea­lity. They gained inde­pen­dence – like Baudrillard’s simu­lacra, cha­rac­te­ristic for “the age of simu­la­tion [which] begins with the liqui­da­tion of all refe­ren­tials”. This state­ment puts rese­ar­chers using images as a tool of expe­ri­ment and com­mu­ni­ca­tion in a chal­len­ging situa­tion, torn bet­ween their evo­ca­tive and infor­ma­tive poten­tial. Which one would we choose?

Krzy­sztof Koszewski gra­duated in 1993 from the Faculty of Archi­tec­ture, Warsaw Uni­ver­sity of Tech­no­logy, recei­ving MSc Arch. Degree. He received Ph.D. with honors there in 2006 under the super­vi­sion of prof. Stefan Wrona. In 2010 he became head of the Eng­lish-lan­guage MSc Arch pro­gram Archi­tec­ture for Society of Know­ledge at Faculty of Archi­tec­ture, WUT. In 2020 he obtained habi­li­ta­tion based on the book „Obrazy archi­tek­tury” (“Images of Archi­tec­ture. Repre­sen­ta­tions of archi­tec­tural ideas in the con­text of con­tem­porary visual cul­ture”). He is the dean of the Faculty of Archi­tec­ture, WUT (from 2020).
Krzy­sztof Koszewski’s rese­arch inte­rests con­cen­trate on two areas: repre­sen­ta­tion of archi­tec­ture and archi­tec­tural ideas, with par­ti­cular focus on visual aspects and usage of ICT tech­no­lo­gies in the field of archi­tec­tural heri­tage, pri­ma­rily vir­tual hypo­the­tical recon­struc­tions of the past. He is also inte­rested in the metho­do­logy of the design pro­cess and rese­arch by design problems.
He explores the field of visua­lity in archi­tec­ture from both the theo­re­tical and prac­tical sides. The first relates to reco­gni­zing archi­tec­tural images as a part of dyna­mi­cally chan­ging cul­ture, empha­si­zing its pic­to­rial and net­worked cha­racter and their influ­ence on archi­tec­tural prac­tice. The second deals with pho­to­graphy as a con­cept bet­ween the reflec­tion of rea­lity and crea­tion related to repre­sen­ta­tions of built work and a city.

Info­börse

Jakub Adamski

Book Pre­sen­ta­tion

 

Artistic patro­nage, which includes both sys­te­matic patro­nage (German Mäze­na­tentum; Polish mecenat) and more diverse com­mis­sio­ning acti­vi­ties, is one of the key themes of the history of art. This issue finds new pre­sen­ta­tion in a new book enti­tled “Artistic Patro­nage in Cen­tral Europe: From Pri­vate Foun­da­tions to State Art | Kunst­pa­tro­nage in Mit­tel­eu­ropa zwi­schen Pri­vat­stif­tung und Staats­kunst“, edited by Prof. Jakub Adamski (Insti­tute of Art History, Uni­ver­sity of Warsaw) and published as 12. Volume of the “Das Gemein­same Kul­tur­erbe /​ Wspólne Dzied­zictwo” Series, edited by Prof. Mał­gorzata Omi­la­nowska (Art Insti­tute of the Polish Aca­demy of Sci­ences). It pres­ents an after­math of the 27th Con­fe­rence of the Working Group of German and Polish Art His­to­rians and Con­ser­va­tors, held in Warsaw in Sep­tember 2019. The book con­tains 16 chap­ters published by an inter­na­tional team of art his­to­rians. Rese­ar­ched issues and metho­do­lo­gical pro­blems dis­cussed by the aut­hors relate to the idea pro­grammes, stra­te­gies, and orga­ni­sa­tional back­stage of artistic patro­nage, depen­ding on the situa­tion of the com­mis­sio­ners, foun­ders, patrons of arts, artists, art dea­lers, and collec­tors. The book is richly illus­trated and should prove inte­res­ting for a wide range of rese­ar­chers and art enthusiasts.

Jakub Adamski is an art his­to­rian and a medi­eva­list. He gra­duated from the Jagiel­lo­nian Uni­ver­sity in Cracow (MA in 2009, PhD in 2011), and since 2012 has been asso­ciate pro­fessor at the Insti­tute of Art History of the Uni­ver­sity of Warsaw. His main areas of rese­arch are the history of medi­eval, espe­cially Gothic, archi­tec­ture and sculp­ture. He is inte­rested in 13th – 16th-cen­tury church archi­tec­ture in Poland, the German Empire, France and Eng­land, and espe­cially its style, the history of rib vaul­ting and the deve­lo­p­ment of spa­tial types in Late Gothic archi­tec­ture. His rese­arch focuses espe­cially on issues of “archi­tec­ture around 1300.” He exe­cuted a rese­arch grant on “Sile­sian Gothic in its heyday. Urban reli­gious archi­tec­ture, 1300 – 1450,” which results in a mono­graph rede­fi­ning Gothic church archi­tec­ture in Silesia, soon to be trans­lated in German. He is cur­r­ently the chief exe­cutor of a next rese­arch grant on „The Gothic Cathe­dral in Cracow and the Euro­pean Archi­tec­ture around 1300”.

Kris­tiina Ribelus

Digi­ta­li­sing cul­tural heri­tage by citizen par­ti­ci­pa­tion: crea­ting a his­toric inte­rior finishes data­base in Estonia

 

The pur­pose of this paper is to intro­duce an idea of a digital plat­form of inte­rior design that will collect and pre­sent his­toric inte­rior finishes (inte­rior pain­tings, stencil pain­tings, wall­pa­pers etc) of Estonia from the 19th and 20th cen­tury. The data­base will focus on collec­ting the data from buil­dings that are not under the pro­tec­tion of The National Heri­tage Board in Estonia the­re­fore invol­ving regular home owners who are seen as the main con­tri­bu­tors. The par­ti­ci­pa­tion of citi­zens as main con­tri­bu­tors is one of the curial aims of the plat­form because it raises the awa­reness of homeow­ners who might have his­to­rical finishes in their homes and involves the citi­zens in know­ledge crea­tion and in the pro­cess of pre­ser­va­tion of cul­tural heritage.

The digital data­base will collect and pre­sent the his­toric inte­rior finishes on a digital plat­form that (1) offers infor­ma­tion about the pat­tern styles of dif­fe­rent decades; (2) enables to com­pare and date pat­ters by “similar image reco­gni­tion search”; (3) gives infor­ma­tion to regular homeow­ners about dif­fe­rent ways to pre­serve and res­tore his­toric pain­tings, wall­pa­pers etc. The homeow­ners are encou­raged to upload photos of their fin­dings which will enable to com­pare and cate­go­rize the his­toric finishes of dif­fe­rent parts of Estonia.

The author of this paper has been collec­ting, inves­ti­ga­ting and res­to­ring his­toric finishes during her pre­vious stu­dies as well as on a pro­fes­sional scale and has rea­lized the need for such data­base. The exis­ting collec­tions of similar data (gathered for example by the author herself) have not been digi­ta­lised and the­re­fore not acces­sible for dif­fe­rent inte­rests groups like homeow­ners, inte­rior desi­gners, rese­ar­chers etc.

The value of the data­base is that even if non-pro­tected inte­riors are not pre­served or res­tored, infor­ma­tion about inte­rior finishes will be stored (in the form of pho­to­graphs posted by the homeowners).

Kris­tiina Ribelus is a PhD stu­dent at the Esto­nian Aca­demy of Arts, the depart­ment of the Cul­tural Heri­tage and Con­ser­va­tion. Her rese­arch inte­rests include 19th – 20th cen­tury inte­rior design, par­ti­cu­larly the finis­hing methods and mate­rials such as sten­cil­ling and wall­pa­pers which are mainly used in the citizen homes; sten­cil­ling and wall­paper history in Estonia; trade and use of inte­rior finis­hing mate­rials in Estonia during the 19th – 20th cen­tury. She has been working on the field of the his­toric sites as an inte­rior pain­ting and wall­paper con­ser­vator-res­torer since 2007. She has been tea­ching in the Esto­nian Aca­demy of Arts, in the Pallas Uni­ver­sity of App­lied Sci­ences etc. She is a member of the Society of Esto­nian Con­ser­va­tors. Cur­r­ently she works at the Uni­ver­sity of Tartu Museum as a conservator.

Julia Brandt

Die Punkt­wolke als Bild­me­dium zur Visua­li­sie­rung und Doku­men­ta­tion his­to­ri­scher Großbauten

 

Der ter­res­tri­sche Laser­scan wird seit den 1990er Jahren stetig wei­ter­ent­wi­ckelt und hält zuneh­mend Einzug in die Architektur‑, Ingenieur‑, und Ver­mes­sungs­büros. Hier ent­stehen inzwi­schen täg­lich Auf­nahmen von his­to­risch bedeut­samen Gebäuden und anderen Objekten. Diese Auf­nahmen sind viel­fältig, doch die Bear­bei­tung und Aus­wer­tung der erzeugten Daten hängt noch immer von indi­vi­duell geprägten Ent­schei­dungen ab. Auch in der Kunst­ge­schichte und Denk­mal­pflege setzt sich zuneh­mend das Wissen dar­über durch, dass die digi­tale Punkt­wolke als Bild­me­dium zur Visua­li­sie­rung und Doku­men­ta­tion his­to­ri­scher Groß­bauten dienen kann. Bei der Ver­wer­tung der erzeugten Daten und vor allem der Gewähr­leis­tung einer wis­sen­schaft­li­chen Anwend­bar­keit und Zitier­bar­keit spielen der Daten­le­bens­zy­klus und die Ana­lyse der theo­re­ti­schen Pro­zess­kette eine beson­dere Rolle: Beide defi­nieren, welche Vor­teile durch die digi­tale Anwen­dung erfolgen, was die Ein­satz­ge­biete in der Denk­mal­pflege und Bau­for­schung sind und wel­ches Wissen der Anwender braucht, um das digi­tale Objekt kri­tisch betrachten zu können. Der Vor­trag behan­delt am kon­kreten Anwen­dungs­bei­spiel der Doku­men­ta­tion der unter­ir­di­schen Minier­gänge der ehe­ma­ligen Fes­tungs­an­lage der Stadt Mainz die The­matik, inwie­fern die mit einem Laser­scanner ange­fer­tigten Punkt­wolken sowohl in der Wis­sen­schaft als auch im kon­kreten Anwen­dungs­feld der Behörden und Büros als Bild­me­dium zur Doku­men­ta­tion dienen kann. Dabei liegt der beson­dere Fokus nicht nur auf den Mög­lich­keiten der Bau­werks­un­ter­su­chung, die den Anwen­dern durch das digi­tale Bild­me­dium gegeben werden, wie zum Bei­spiel der Ver­for­mungs­ana­lyse, Befund-und Scha­dens­kar­tie­rung. Es wird auch der Frage nach der Qua­li­täts­ana­lyse der Daten, sowie den Mög­lich­keiten einer Daten­ku­ra­tie­rung und Publi­zie­rung nach­ge­gangen. Die unter­ir­di­schen Minier­gänge eignen sich dabei als Anwen­dungs­bei­spiel beson­ders gut zur Dar­stel­lung häufig auf­tre­tender Pro­bleme und Her­aus­for­de­rungen bei der digi­talen Doku­men­ta­tion und Visua­li­sie­rung his­to­ri­scher Groß­bau­werke. Gleich­zeitig wird dem Schutz der erst seit 2019 als Denkmal aner­kannten Anlage eine beson­dere Bri­sanz zuge­schrieben, da die Fes­tung bis heute zuneh­mend aus unserem Stadt­bild­ver­schwindet. Erst durch die digi­tale Doku­men­ta­tion können die der Öffent­lich­keit größ­ten­teils nicht oder nur begrenzt zugäng­li­chen unter­ir­di­schen Gänge die ihnen zuste­hende Auf­merk­sam­keit erhalten und somit für die Nach­welt erhalten werden. Abschlie­ßend erfolgt eine Neu­be­wer­tung der in der Kunst­ge­schichte ange­wandten metho­do­lo­gi­schen Ansätze im Umgang mit digi­talen Punkt­wolken als Instru­ment der Doku­men­ta­tion und Visualisierung.

Julia Brandt stu­dierte Kunst­ge­schichte und Denk­mal­pflege in Mainz und Bam­berg. In ihrer Mas­ter­ar­beit erforschte sie die Ver­ein­bar­keit von Denkmal- und Natur­schutz am Bei­spiel der Mainzer Zita­delle. Die Arbeit wurde für den Preis der Denk-Mal-Stif­tung Bam­berg nomi­niert. Der­zeit pro­mo­viert sie über das Thema „Denkmal versus Natur? Stra­te­gien zum Erhalt der Zita­delle und Fes­tung Mainz im Anwen­dungs­feld digi­taler Doku­men­ta­tion unter Berück­sich­ti­gung des Denkmal- und Natur­schutzes.“ 2017 bis 2021 war sie als Mit­ar­bei­terin im Inge­nieur­büro Kayser + Böttges | Barthel + Maus, Inge­nieure und Archi­tekten GmbH im Bereich der Bau­for­schung und Ver­mes­sung tätig. Par­allel dazu wurde sie 2018 – 2021 als wis­sen­schaft­liche Mit­ar­bei­terin an der Hoch­schule Mainz beschäf­tigt. Seit 2021 betä­tigt sie sich als selb­stän­dige Bauforscherin.
Die Schwer­punkte ihrer aka­de­mi­schen Arbeit liegen neben der Ver­mitt­lung der Ver­ein­bar­keit von Denkmal- und Natur­schutz vor allem in der Doku­men­ta­tion der Fes­tungs­bau­werke im Stadt­bild von Mainz sowie in Fra­ge­stel­lungen der digi­talen Denkmalpflege.
In ihrer Frei­zeit widmet sie sich der Ver­mitt­lung unseres kul­tu­rellen Erbes in Form diverser Vor­träge und Science-Slams.

Sander Münster

Employing digital 3D recon­struc­tion methods for visual huma­nities rese­arch and education

 

Visual digital huma­nities cover a wide scope of rese­arch approa­ches dealing with the inves­ti­ga­tion of com­plex visual infor­ma­tion to answer rese­arch ques­tions from huma­nities by using digital tools and metho­do­lo­gies as for example digital 3D recon­struc­tion approa­ches. Tech­no­lo­gical back­grounds, pro­ject oppor­tu­nities, as well as metho­do­lo­gical con­si­de­ra­tions for app­li­ca­tion are widely dis­cussed in lite­ra­ture. In con­trast, it is a still ongoing chal­lenge to dis­se­mi­nate these tech­ni­ques within a wide scho­l­arly com­mu­nity and vali­date them as part of the digital huma­nities and digital heri­tage rese­arch and publi­ca­tion metho­do­logy. Within the pre­sen­ta­tion I’ll pre­sent and dis­cuss cur­rent chal­lenges, deve­lo­p­ment and rese­arch acti­vi­ties con­cer­ning 3D recon­struc­tion on inter­na­tional scale. In addi­tion, I will tell about results as well as rese­arch per­spec­tives emer­ging from former and ongoing pro­jects at my chair.

Sander Münster is junior pro­fessor for Digital Huma­nities (images/​objects) at the Fried­rich Schiller Uni­ver­sity Jena. He received his PhD in edu­ca­tional tech­no­logy from the TU Dresden, where he stu­died history, edu­ca­tion and busi­ness. Until 2019 he headed the Depart­ment for Media Design at the Media Center at the TU Dresden and the junior rese­arch group UrbanHistory4D and has been a Young Inves­ti­gator at the Faculty of Edu­ca­tion at the TU Dresden. From 2018 to 2019 he was visi­ting pro­fessor for the didac­tics of com­pu­ting sci­ence. His main rese­arch topics are in the visual digital huma­nities about inter­di­sci­pli­nary team­work, 4D infor­ma­tion sys­tems, infor­ma­tion beha­viour, metho­do­lo­gies and sci­en­tific communities.

Kerstin Peter­mann, Anja Rasche

10 Jahre Netz­werk Kunst und Kultur der Han­se­städte – Ergeb­nisse, Pro­bleme und Pläne eines the­ma­ti­schen Forschungsnetzwerks

 

Mit der Grün­dung des Netz­werks Kunst und Kultur der Han­se­städte ent­stand eine inter­dis­zi­plinär und inter­na­tional agie­rende Gemein­schaft von For­schern, der inzwi­schen 138 Mit­glieder aus 10 Dis­zi­plinen und 18 Län­dern ange­hören. Ost­mittel- und Nord­ost­eu­ropa gehören zum Kern­ge­biet des han­si­schen Han­dels, der über die Netz­werke der Fern­kauf­leute auch enge Ver­knüp­fungen mit dem Westen und Süden gewähr­leis­tete. Han­se­städte und die Kon­tore der Hanse sind Kon­takt­zonen für den Handel mit viel­fäl­tigen Gütern, dar­unter auch Kunst und Luxus­waren vom 12. bis 17. Jahr­hun­dert und noch dar­über hinaus. Die Geschichte der Hanse ist eine Geschichte der Ver­bin­dungen und Ver­flech­tungen, die in beson­derer Weise Kunst und Kultur inklu­sive Archi­tektur und Städ­tebau – weit über die sog. Back­stein­gotik hin­aus­ge­hend – geprägt haben. Zur nach­hal­tigen Unter­stüt­zung der Han­se­for­schung wären digi­tale Pro­jekte der Visua­li­sie­rung his­to­ri­scher Zustände sehr wün­schens­wert. Doch fehlt bis heute eine insti­tu­tio­nelle Ver­an­ke­rung, die das ermöglichte.

Nach dem Stu­dium der Kunst­ge­schichte, Geschichte und Anglistik in Kiel und Köln war Kerstin Peter­mann im Museums- und Aus­stel­lungs­be­reich tätig. Zusammen mit Anja Rasche koor­di­niert sie das „Netz­werk Kunst und Kultur der Han­se­städte“ und forscht und publi­ziert in diesem Bereich. Seit 2020 ist sie am Museum für Ham­bur­gi­sche Geschichte an der Pla­nung der neuen Dau­er­aus­stel­lung beteiligt.

Anja Rasche stu­dierte Kunst­ge­schichte, Geschichte und Sla­vistik in Bam­berg und an der TU Berlin. Sie pro­mo­vierte über den Lübe­cker Maler Hermen Rode (publi­ziert: Peters­berg 2013). 2011 grün­dete sie zusammen mit Dr. Kerstin Peter­mann das Netz­werk Kunst und Kultur der Han­se­städte, wel­ches sie bis heute gemeinsam koor­di­nieren. Der­zeit arbeitet Anja Rasche am Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des öst­li­chen Europa (GWZO) in Leipzig.

Chris­tofer Herrmann

Mit­tel­al­ter­liche Archi­tektur in Liv­land (Est­land, Lett­land): Die Bau­kunst einer his­to­ri­schen Grenz­re­gion im Nord­osten Europas

 

Auf dem Ter­ri­to­rium Est­lands und Lett­lands exis­tierte vom 12. bis zum 16. Jh. eine his­to­risch bemer­kens­werte Kon­fö­de­ra­tion christ­li­cher Kreuz­fah­rer­staaten (Liv­land), die die nord­öst­liche Grenz­re­gion des Abend­landes bil­dete. Dort ent­stand eine spe­zi­fi­sche Archi­tek­tur­land­schaft, bestehend aus Ordens-/Bi­schofs­burgen, Han­se­städten, Klös­tern und Pfarr­kir­chen, die bis­lang noch nicht zusam­men­hän­gend erforscht wurde. Das Pro­jekt hat sich zum Ziel gesetzt, eine Syn­these zur Geschichte und Ent­wick­lung dieser Archi­tektur zu erstellen und die Ergeb­nisse der Öffent­lich­keit zugäng­lich zu machen. Das Pro­jekt ist als ein mus­ter­gül­tiges Bei­spiel euro­päi­scher Zusam­men­ar­beit von Kunst­his­to­ri­kern, His­to­ri­kern und Archäo­logen aus Deutsch­land, Est­land, Lett­land und Däne­mark kon­zi­piert, die in gemein­samen For­scher­gruppen ver­schie­dene Fra­ge­stel­lungen bear­beiten werden. Die etwa 15 Per­sonen umfas­sende Gruppe von Wis­sen­schaft­lern hat sich schon kon­sti­tu­iert und in einem 2016/​17 durch­ge­führten Vor­pro­jekt wich­tige Grund­lagen für wei­ter­ge­hende For­schungen gelegt. Die mit­tel­al­ter­liche Archi­tektur der Region wird als gemein­sames euro­päi­schen Kul­tur­erbe ver­standen, das die Geschichte der Balten, Deut­schen und Dänen mit­ein­ander ver­bindet und daher nur durch eine enge Zusam­men­ar­beit ange­messen erforscht werden kann. Damit setzt das Pro­jekt vor­bild­liche Maß­stäbe als trans­na­tio­nales Forschungsvorhaben.

Das Pro­jekt ist ange­sie­delt am Institut für Kunst­ge­schichte und Musik­wis­sen­schaft, Abtei­lung Kunst­ge­schichte der Johannes Guten­berg-Uni­ver­sität Mainz. Wei­tere mit­wir­kende For­schungs­in­sti­tu­tionen sind das Herder-Institut in Mar­burg, die Let­ti­sche Aka­demie der Wis­sen­schaften in Riga, das Stadt­ar­chiv Tal­linn und das archäo­lo­gi­sche Institut der Uni­ver­sität Aarhus.

Ange­strebt wird eine Gesamt­dar­stel­lung der mit­tel­al­ter­li­chen Archi­tek­tur­ent­wick­lung Liv­lands unter Berück­sich­ti­gung der spe­zi­fi­schen Ent­ste­hungs­be­din­gungen in einer Grenz­re­gion der abend­län­disch-christ­li­chen Kultur im Nord­osten des mit­tel­al­ter­li­chen Europa. Auf der Grund­lage einer Kata­lo­ger­fas­sung aller erhal­tenen und doku­men­tierten Bauten sollen den Fragen nach der Genese, Ent­wick­lung und Ein­bin­dung der dor­tigen Bau­kunst in den euro­päi­schen Kon­text nach­ge­gangen werden. Von beson­derem Inter­esse sind dabei die spe­zi­fi­schen Aus­prä­gungen der Archi­tektur in einer Grenz­zone der zwei großen christ­li­chen Kul­tur­sys­teme – der west­li­chen-katho­li­schen und der öst­li­chen-ortho­doxen Sphäre. Dabei sollen die spe­zi­fi­schen his­to­ri­schen, in die deut­sche Ost­sied­lung und däni­sche Ost­see­herr­schaft ein­ge­bun­denen Ent­ste­hungs- und Exis­tenz­be­din­gungen der Region zwi­schen dem 12. und 16. Jahr­hun­dert und deren Bedeu­tung für die Aus­prä­gung der Archi­tek­tur­formen unter­sucht werden. Ein wich­tiges Pro­jekt­ziel besteht darin, die in Deutsch­land und Däne­mark weit­ge­hend unbe­kannten Ergeb­nisse und Leis­tungen der let­ti­schen und est­ni­schen Archi­tek­tur­for­schung nach 1945 zusam­men­fas­send zu erschließen und auf dieser Grund­lage eine gemein­same zukünf­tige For­schungs­per­spek­tive zu eröffnen. In diesem Zusam­men­hang wird eine kri­ti­sche Dar­stel­lung der For­schungs­ge­schichte not­wendig sein, bei der der Frage nach­zu­gehen ist, welche Rolle die Inter­pre­ta­tion mit­tel­al­ter­li­cher Archi­tektur als iden­ti­täts­stif­tendes Ele­ment in Hin­sicht auf die Natio­na­li­tä­ten­gruppen der Deutsch­balten, Esten, Letten und Russen spielte, mit einem abschlie­ßenden Blick auf die aktu­elle Rolle dieser Denk­mäler als Objekte eines gemein­samen euro­päi­schen Kulturerbes.

Die Ergeb­nisse des For­schungs­pro­jekts (prä­sen­tiert als Online-Katalog, in Form einer Buch­pu­bli­ka­tion sowie einer inter­na­tio­nalen Tagung) sollen dazu bei­tragen, dem aus der geo­gra­phi­schen und his­to­ri­schen Rand­lage resul­tie­renden und bis heute in der kunst­wis­sen­schaft­li­chen Wahr­neh­mung in Deutsch­land und anderen west­li­chen Län­dern fort­be­stehenden unter­ent­wi­ckelten Inter­esse an dieser Region ent­ge­gen­zu­wirken und zukünf­tige For­schungs­per­spek­tiven anzuregen.

Chris­tofer Herr­mann Stu­dium der Kunst­ge­schichte, deut­schen Volks­kunde, Sla­wistik und Poli­tik­wis­sen­schaft an der Johannes Guten­berg-Uni­ver­sität Mainz. 1993 Pro­mo­tion mit einer Arbeit über spät­mit­tel­al­ter­liche Wohn­türme im Rhein-Mosel-Gebiet.
1995 – 2006 außer­or­dent­li­cher Pro­fessor am Lehr­stuhl für Ger­ma­nistik der Uni­ver­sität Olsztyn/​Allenstein (Polen). 2005 Habi­li­ta­tion an der Uni­ver­sität Greifs­wald („Mit­tel­al­ter­liche Archi­tektur im Preu­ßen­land“). 2006 – 2019 außer­or­dent­li­cher Pro­fessor am Institut für Kunst­ge­schichte der Uni­ver­sität Gdańsk/​Danzig. Ab 2015 – 2019 Durch­füh­rung eines For­schungs­pro­jekts zum Hoch­meis­ter­pa­last auf der Mari­en­burg an der TU Berlin, Fach­ge­biet Bau- und Stadt­bau­ge­schichte. Seit 2019 Pri­vat­do­zent an der TU Berlin. Ab 2020 Leiter des For­schungs­pro­jekts „Mit­tel­al­ter­liche Archi­tektur in Liv­land (Estland/​Lettland)“ am Institut für Kunst­ge­schichte der Uni­ver­sität Mainz.
For­schungs­schwer­punkte: Archi­tektur des Mit­tel­al­ters, ins­be­son­dere Fragen der Bau­or­ga­ni­sa­tion und ‑finan­zie­rung; Pro­ble­matik der Kunst­land­schaft; sta­tis­ti­sche Ver­fahren zur Archi­tek­tur­ana­lyse; Denk­mal­pflege im 19. Jh.

Anna Bojęś-Białasik, Marcin Szyma

Digital recon­struc­tions of the Domi­nican Church in Kracow

 

Since 2015 at the Jagiel­lo­nian Uni­ver­sity a rese­arch pro­gram has been imple­mented to develop a mono­graph on the artistic cul­ture of Cracow’s Domi­ni­cans, from the thir­te­enth cen­tury to the pre­sent. Part of the pro­gram is a digital scan­ning of the archi­tec­ture of the friary and church of the Holy Tri­nity. Scans, on which digital pho­to­graphs are app­lied as a tex­ture, are the basis for the com­puter ani­ma­tions showing the cur­rent state of pre­ser­va­tion of the monu­ments in ques­tion and being an important tool for their ana­lysis. The study of the Domi­nican archi­tec­tural com­plex is dif­fi­cult due to the great fire of Cracow in 1850, which caused two con­struc­tion dis­as­ters of the Holy Tri­nity Church, and as a result, its far-reaching neo-Gothic restoration.
The high reso­lu­tion point cloud and the results of archaeo­lo­gical rese­arch as well as the ico­no­gra­phical and written sources was the basis for the 3D recon­struc­tions of the Domi­nican church and friary and their selected parts in various stages of their func­tio­ning. The recon­struc­tions are fully rotat­able and allow the viewer to take a vir­tual walk. The rese­arch method and the way of visua­liz­a­tion of the archi­tec­ture will be pre­sented by example of recon­struc­tion of the Holy Tri­nity church at the end of the Middle Ages – before the fire in 1462 and after it. One of the most dif­fi­cult ele­ments of the rese­arch was the recon­struc­tion of the four­te­enth-cen­tury choir screen (repre­sen­ting the Hal­len­lettner type) which absorbed an older and smaller screen from the mid-thir­te­enth cen­tury. The digital tools allowed to link the key­stone – which was reused in the friary at the end of the six­te­enth cen­tury and found during the archeo­lo­gical rese­arch in 2018 – with the recon­structed screen. The written sources made it pos­sible to deter­mine the number, invo­ca­tions and pla­ce­ment of the altars in the gal­lery and in the loft of the screen as well as in the side cha­pels of the church. In 1543, the nort­hern part of the loft was cut off with a gra­ting and turned into the chapel of St. Hyacinth, housing the relics of the first Polish Domi­nican and acces­sible for laity by stairs in the nort­hern aisle of church.

Anna Bojęś-Białasik is asso­ciate pro­fessor at the Faculty of Archi­tec­ture, Chair of History of Archi­tec­ture and Monu­ment Pre­ser­va­tion, Cracow Uni­ver­sity of Tech­no­logy and at the Faculty of History, Insti­tute of Archaeo­logy at the Jagiel­lo­nian Uni­ver­sity. At the Uni­ver­si­ties she is involved in aca­demic rese­arch and tea­ching, lea­ding also courses in Eng­lish of the Eng­lish-lan­guage bachelor and master degree pro­gramme. In 2009 – 2012 she was a chief-manager of pro­ject con­cer­ning rese­arch of seven medi­eval monas­te­ries in Lesser Poland (Mało­polska) and was also a member of several other projects,e.g. Study of Domi­nican priory heri­tage in Kraków or Study of sett­le­ment of the Pueblo cul­ture in Mesa Verde region, Colo­rado USA. Her rese­arch focuses on archi­tec­tural and archa­e­lo­gical-archi­tec­tural field reserach of monu­ments, mostly medi­eval monas­te­ries and churches but also tene­ment houses, castles, public buil­dings etc. So far, she car­ried out over 120 reserach in various monu­ments across Poland, and is the author and co-author of publi­ca­tions and books.

Marcin Szyma, PhD, is an assi­stant pro­fessor at the Insti­tute of Art History at the Jagiel­lo­nian Uni­ver­sity in Cracow. The main sub­ject of his rese­arch is the medi­eval archi­tec­ture of Cracow, the archi­tec­ture of reli­gious orders and the sacred topo­graphy of churches, monas­te­ries and fria­ries. In 2015 – 2021 he was a chief-manager of the pro­ject “Archi­tec­ture and equip­ment of the Domi­nican church in Cracow, from the first half of the thir­te­enth cen­tury to the pre­sent day”.

Die Beein­flus­sung des Blicks: Digi­ta­lität und Evidenz

Alek­sandra Lipińska

Mate­ria­lität im digi­talen Umfeld. Über­le­gungen zum aktu­ellen For­schungs- und Methodenstand

 

Bereits 1985 im Rahmen der Aus­stel­lung Les imma­té­riaux im Centre Pom­pidou setzten sich Jean-Paul Lyo­tard und Jac­ques Der­rida mit den Kon­se­quenzen der fort­schrei­tenden Digi­ta­li­sie­rung für das Ver­ständnis und den Umgang mit der Mate­ria­lität aus­ein­ander. Sie stellten fest, dass das neu­trale elek­tro­ni­sche Medium die Not­wen­dig­keit der Exis­tenz eines mate­ri­ellen Mediums negiert. Folg­lich solle der mate­ri­elle Träger der Form oder der Idee infolge der Digi­ta­li­sie­rung seine Daseins­be­rech­ti­gung ver­lieren. 35 Jahre später wird die fort­schrei­tende Digi­ta­li­sie­rung des mate­ri­ellen Kul­tur­erbes einer­seits als eine posi­tive Ent­wick­lung begrüßt, weil sie einer breiten Öffent­lich­keit neue Zugänge dazu eröffnet. Ande­rer­seits gibt es auch Bedenken, dass mit einer digi­talen Ent­ma­te­ria­li­sie­rung des Kul­tur­erbes dessen Wahr­neh­mung und damit auch die wis­sen­schaft­liche Aus­ein­an­der­set­zung damit grund­le­gend ver­än­dert wird. Mate­ria­lität und Digi­ta­lität werden in diesem Kon­text als binärer Gegen­satz betrachtet. Die Aus­ein­an­der­set­zung mit dieser (ver­meint­li­chen) Pola­rität trug zu zwei die Geis­tes­wis­sen­schaften in den letzten drei Jahr­zähnten prä­genden Wenden bei, dem mate­rial turn und dem digital turn. Im vor­ge­schla­genen Bei­trag wird dis­ku­tiert, inwie­weit es mög­lich ist eine Brücke zwi­schen diesen zwei Per­spek­tiven zu schlagen und – darauf auf­bauend – die Mate­ria­lität des Kul­tur­erbes ver­stärkt in den Fokus zu rücken, sie im digi­talen Raum optimal abzu­bilden und über die Folgen dieses Vor­gangs für die wis­sen­schaft­liche Unter­su­chung zu reflek­tieren. Die Moti­va­tion dahinter ist nicht, die (uner­setz­bare) ana­loge Wahr­neh­mung vor dem Ori­ginal obsolet zu machen, son­dern viel­mehr die Frage, wie die Wahr­nehm­bar­keit von Mate­ria­lität in digi­talen Reprä­sen­ta­ti­ons­mo­dellen ver­bes­sert werden kann. Bevor die digi­tale Mate­ria­lität neu tech­nisch kon­zi­piert werden kann ist es zunächst erfor­der­lich sich damit aus­ein­an­der­zu­setzen, wie sie bisher digital ver­mit­telt wird. In dem Bei­trag werden daher all­ge­meine Über­le­gungen zu der Fra­ge­stel­lung an aus­ge­wählten Bei­spielen der digi­talen Rekon­struk­tionen und Visua­li­sie­rungen aus den Gebieten des gemein­samen deutsch-pol­ni­sche Kul­tur­erbes prä­sen­tiert und zur Dis­kus­sion gebracht.

Alek­sandra Lipińska ist seit 2016 Pro­fes­sorin für Kunst­ge­schichte mit dem Schwer­punkt Kunst der Frühen Neu­zeit am Institut für Kunst­ge­schichte der Ludwig-Maxi­mi­lians-Uni­ver­sität Mün­chen. 2012 – 2016 hatte sie eine Juni­or­pro­fessur für Kunst­ge­schichte Ost­mit­tel­eu­ropas mit dem Schwer­punkt Regionen des gemein­samen Kul­tur­erbes am Institut für Kunst­wis­sen­schaft und His­to­ri­sche Urba­nistik der TU Berlin inne. 2004 – 2012 war sie als wis­sen­schaft­liche Mit­ar­bei­terin (Adjunkt) am Institut für Kunst­ge­schichte, Uni­ver­sität Wro­cław (Breslau) tätig. Sie hat Kunst­ge­schichte und Nie­der­län­di­sche Phi­lo­logie an der Uni­ver­sität Wro­cław und Katho­lieke Uni­ver­siteit Leuven stu­diert. 2003 pro­mo­vierte sie zum Thema „Importe Süd­nie­der­län­di­scher Ala­bas­ter­skulptur in Ost­mit­tel­eu­ropa 1530 – 1650“ an der Uni­ver­sität Wro­cław. Ihre Habi­li­ta­ti­ons­schrift „Ala­baster. Stu­dies in Mate­rial Meaning(s)“ wurde 2020 an der Tech­ni­schen Uni­ver­sität Berlin ein­ge­reicht. Ihre aktu­ellen For­schungs­schwer­punk­tesind die Mate­ria­lität der Kunst (Wahr­neh­mung der Kunst­ma­te­ria­lität; Mate­ri­al­wir­kungs­macht; Geschichte und Bedeu­tung der künst­le­ri­schen Mate­ria­lien und Tech­niken), Anwen­dung der Methoden digi­taler Kunst­ge­schichte (Mate­ria­lität im digi­talen Umfeld; Online-Edi­tion; Netz­werk­ana­lyse) sowie die Kunst der frühen Neu­zeit (Nord­eu­ro­päi­sche Skulptur, Archi­tektur und ange­wandte Kunst; Künstlermigration.

Leon Ziemer

Wenn Bilder For­schungs­mei­nungen diktieren

 

Das Stu­dium der alter­tums­wis­sen­schaft­li­chen Fächer kon­tras­tiert zwi­schen dem Kli­schee von aben­teu­er­lus­tigen Archäo­logen und der Rea­lität – einer durch viele tech­ni­sche Ele­mente modernen und kom­plexen Arbeits­weise. Prä­gend drü­cken tech­ni­sierte Ver­fahren in die For­schung, stehen aber einem auf ana­loger Wis­sens­ver­mitt­lung basie­rendem Lehr­system gegen­über. Bücher sind und bleiben wichtig. Die Ergeb­nisse von Gra­bungen, For­schungen oder Rekon­struk­tionen erfolgt wei­terhin in Buch- und Arti­kel­form nötig. Gedruckt. Nicht digital – und vor allem nicht in Video­se­quenzen. Der mutige Schritt in die Digi­ta­li­sie­rung bedeutet oft „PDF“ – ein Format das weit hinter seinen Mög­lich­keiten ein­ge­setzt wird.
Heu­tige Hoch­glanz­ma­gazin zu his­to­ri­schen Themen unter­malen ihre Berichte oft mit Abbil­dung einer digital gene­rierten Rekon­struk­tion. Das Abbilden einer ange­nom­menen antiken Rea­lität wird unkom­men­tiert gezeigt und ver­schwimmt in seiner Form mit einer als Rea­lität ange­nom­menen Fik­tion. Täu­schend echt mani­pu­lieren die com­pu­ter­ge­ne­rierten Bilder den Betrachter. Denn Bilder prägen eine For­schungs­mei­nung. Wer zu Beginn des 20. Jahr­hun­derts gut zeichnen konnte war in der Lage die Wis­sen­schafts­welt zu prägen. Voll­kommen gleich­gültig ihrer Rea­lität. 100 Jahre später hat sich dies gewan­delt: Nach einer Phase scheinbar unver­än­der­barer Foto-Doku­men­ta­tionen vermag die moderne Technik durch 3D-Model­ling täu­schend echte (aber fik­tive) Rea­li­täten nach­zu­stellen. Das Ren­dern sol­cher Abbilder zu real erschei­nenden Fotos täuscht über­zeu­gend eine neu geschaf­fene, fik­tive Rea­lität vor. Die Film- und Spiel­in­dus­trie lebt diese Technik aus. Stellt ohne den Bedarf von wis­sen­schaft­li­cher Genau­ig­keit eine ihren Bedürf­nissen ange­passte antike Rea­lität dar.
Diesem Phä­nomen unter­worfen gene­riert sich eine pro­ble­ma­ti­sche Akzep­tanz und Her­an­ge­hens­weise dieser Technik, die durch die die Wis­sen­schaft noch kri­tisch betrachtet wird. Die Gefahr, von der Per­fek­tion eines 3d-Bildes fas­zi­niert und zur unre­flek­tierten Annahme rekon­stru­ierter Dar­stel­lungen ver­führt zu werden, ist riesig. Der Vor­trag möchte einige Aspekte aus diesem kom­plexen System her­aus­stellen und kri­tisch hinterfragen.

Leon Ziemer stu­died Clas­sical Archaeo­logy at the Uni­ver­sity of Ham­burg, working as lec­turer he finished his PHD on egyp­tian tra­ding routes through the eas­tern desert and the con­nec­tion to India. He was working on several cam­pai­gnes in egypt, spain an italy. His sci­en­tific inte­rests are focussed on the ana­lysis of cul­tural inter­ac­tions and trade routes in the Roman Period and the rele­vance of ports trans­forming cul­tural iden­tity. In modern history he did several Rese­arch Pro­jects on the struc­ture an trans­for­ma­tion of the Port of Ham­burg and the labor con­di­tions of seamen Now he is working at the Aca­damy of Ham­burg police, coor­di­na­ting digital edu­ca­tion and set­ting up the „DiBiPol” Pro­ject funded by the Stif­tung Inno­va­tion in der Hoch­schul­lehre as CEO. His actual sci­en­tific rese­arch is based on cul­tural heri­tage crime.

Anke Nau­jokat

Was weiß das Bau­werk, was sein digi­tales Abbild nicht weiß? Zu den Her­aus­for­de­rungen im Umgang mit digi­talen Modellen in der objekt­ori­en­tierten Architekturgeschichtsforschung

 

Die objekt­ori­en­tierte Archi­tek­tur­ge­schichts­for­schung nutzt seit ihrer Eta­blie­rung im 19. Jahr­hun­dert zeich­ne­ri­sche Abbilder ihres Unter­su­chungs­ge­gen­standes als Grund­lage für die Ent­wick­lung und Bear­bei­tung von For­schungs­fragen zum rea­li­sierten Bau­werk. Tra­di­tio­nell waren es die zwei­di­men­sio­nalen Dar­stel­lungs­kon­ven­tionen gemäß der klas­si­schen Drei­ta­fel­pro­jek­tion (Grund­riss, Ansicht, Schnitt), mit denen etwa Zusam­men­hänge zu Kon­struk­tion, Pro­por­tion oder das Ver­hältnis zwi­schen innen und außen visua­li­siert und auf deren Grund­lage his­to­ri­sche Bau­werke ana­ly­siert und inter­pre­tiert wurden. Solche Dar­stel­lungen ent­standen im Rahmen auf­wän­diger hän­di­scher Bau­auf­nahmen, die eine (zeit)intensive, oft kör­per­lich müh­same Aus­ein­an­der­set­zung mit dem phy­si­schen Objekt vor Ort voraussetzten.

Wäh­rend der letzten Jahr­zehnte sind die Mög­lich­keiten der digi­talen Doku­men­ta­tion stetig gewachsen. Durch den Ein­satz von com­pu­ter­ge­stützter Tachy­me­trie oder Laser­scan­ning konnten Bau­do­ku­men­ta­tionen immer schneller und effek­tiver erstellt und große Teile der Doku­men­ta­ti­ons­ar­beit vom Gebäude weg an den Com­puter und damit ins Büro ver­legt werden.
Wäh­rend bei der Inte­gra­tion der genannten digi­talen Methoden die eta­blierten Abläufe der Bau­auf­nahme vor Ort zunächst noch im Großen und Ganzen erhalten blieben, stellen die seit einigen Jahren in rapider Ent­wick­lung befind­li­chen foto­gra­fi­schen Doku­men­ta­ti­ons­me­thoden (digi­tale Mehr­bild-Pho­to­gram­me­trie, Pho­to­mo­dell­ling oder struc­ture from motion) jedoch eine regel­rechte Revo­lu­tion für die Methoden und Work­flows der wis­sen­schaft­li­chen Bau­for­schung dar. Mit sehr wenig Auf­wand vor Ort können hoch­auf­lö­sende digi­tale 3D-Modelle erstellt werden, die nicht nur das Gebäude als Volumen, son­dern auch dessen Ober­flä­chen in foto­rea­lis­ti­scher Qua­lität bis hin zum Maß­stab 1:1 abbilden. Dabei ver­führt die erheb­liche Zeit­er­sparnis vor Ort immer häu­figer dazu, Bau­werke mit­tels Kamer­adrohne im extremen Fall kom­plett „berüh­rungslos“ zu dokumentieren.

Auf stra­te­gisch-orga­ni­sa­to­ri­scher Ebene stellen die stetig stei­genden Anfor­de­rungen an die tech­ni­sche Aus­rüs­tung (Hard­ware, Soft­ware) und an hoch­spe­zia­li­sierte IT-Skills eine Her­aus­for­de­rung für die wis­sen­schaft­liche Bau­for­schung im aka­de­mi­schen Bereich dar. Man­cher­orts reagiert man darauf bereits jetzt durch das teil­weise oder sogar kom­plette „Out­sour­cing“ von Bau­do­ku­men­ta­tionen an kom­mer­zi­elle Anbieter. Dies aber bringt erheb­liche erkennt­nis­theo­re­ti­sche Pro­bleme mit sich, die der vor­ge­schla­gene Vor­trag auf­zeigen und reflek­tieren möchte. Welche Aus­wir­kungen auf die Fra­ge­stel­lungen und Erkennt­nisse hat es, wenn man statt dem mate­ri­ellen Objekt nur noch seinem vir­tu­ellen Abbild begegnet? Wie wirkt sich die Ver­la­ge­rung der Arbeit vom kon­kreten phy­si­schen Ort an den Com­puter auf die Ana­lyse und Inter­pre­ta­tion des Unter­su­chungs­ob­jekts aus?

Unter anderem möchte der Vor­trag u. a. für fol­gende Her­aus­for­de­rungen bei der zuneh­menden Arbeit mit digi­talen Bau­auf­nah­me­mo­dellen sensibilisieren:
– die man­gelnde Begeg­nung mit dem Objekt auf dem mensch­li­chen Maß­stab und daraus resul­tie­rend die man­gelnde Erfah­rung seines Maß­stabs bzw. seiner Maßstäblichkeit
– die Ver­nach­läs­si­gung des Erkennt­nis­po­ten­tials anderer Sinne als des Seh­sinns (Haptik, Gehörsinn)
– das Aus­blenden der Erfah­rung des Objektes und seines Ortes über län­gere Zeit­ver­läufe hinweg (Tages­zeiten, Jah­res­zeiten etc.)

Anke Nau­jokat leitet seit 2014 den Lehr­stuhl für Archi­tek­tur­ge­schichte der RWTH Aachen Uni­ver­sity. Nach ihrem Archi­tek­tur­stu­dium in Aachen und Flo­renz war sie Wis­sen­schaft­liche Mit­ar­bei­terin am Lehr­stuhl für Bau­ge­schichte der RWTH Aachen unter Prof. Jan Pieper. 2008 wurde sie mit einer Arbeit zum Flo­ren­tiner Hei­lig­grab­tem­pi­etto von Leon Bat­tista Alberti pro­mo­viert. Ab 2006 hatte sie an der FH Aachen zuerst eine Ver­tre­tungs­pro­fessur für die Fächer Archi­tek­tur­ge­schichte, Denk­mal­pflege und Archi­tek­tur­theorie inne, ab 2008 dann eine Pro­fessur für das Fach Geschichte und Theorie der Archi­tektur. Sie ist Grün­dungs- und Redak­ti­ons­mit­glied der Zeit­schrift archi­maera – Zeit­schrift für Archi­tektur, Kultur, Kon­text online. Ihre For­schungen kreisen um fol­gende inhalt­liche und metho­di­sche Schwer­punkte: Archi­tektur des Flo­ren­tiner Quat­tro­cento, Archi­tektur L. B. Albertis, Archi­tek­tur­kopie, Rhe­torik der Archi­tektur der Frühen Neu­zeit, Wall­fahrts­ar­chi­tektur, Rekon­struk­tion von Bau­ideen und ‑pro­zessen durch Bau­for­schung am Gebäude, Rolle der his­to­ri­schen Archi­tektur in der Aus­bil­dung von Architekt*innen.

Mag­da­lena Kunińska

Chan­ging repro­duc­tory media and the dis­course of art history

 

The star­ting point for an ana­lysis were long las­ting pro­jects of brin­ging back to the light collec­tions of pho­to­graphs and plaster casts ear­lier gathered at Jagiel­lo­nian Uni­ver­sity as a part of sci­en­tific appa­ratus to teach art history. The exami­na­tion led to the ques­tion about the inter­re­la­tions bet­ween a metho­do­logy of art history in its his­to­rical deve­lo­p­ment and repro­duc­tion media of pre­sen­ta­tion of the artworks.
Star­ting with the empi­rical and fun­da­mental rese­arch, I would like to submit a broader and theo­re­tical ana­lysis in terms of the history of art history. Alt­hough the cen­tral topic for the history of art history nowa­days seems to be ‘time’, ‘tem­po­ra­li­sa­tion’ etc. and G. Didi-Huberman pro­posed an ana­lysis of War­burgs ‘Mne­mo­syne Atlas’ in terms of dif­fe­rent than pre­sent in the tra­di­tional art history tem­po­ra­lity, in the sub­mitted paper I would like to put in the centre of my inves­ti­ga­tion the rela­tion bet­ween chan­ging repro­duc­tive media and the ways of con­struc­ting the nar­ra­tive in art history. The adop­tion of pho­to­graphy for pur­poses of art history led to double paths in art history: 1. crea­ting the formal method, 2. but also the frag­men­tary method of Aby War­burg, which can be asso­ciated with the split in the tra­di­tional defi­ni­tion of an art­work. What is to be noticed on the very begin­ning – is the absence of gra­phic prints (for example ‘Kunst­his­to­ri­sche Bil­der­bogen’ or ‘Denk­mäler der Kunst’) in the reper­tory of imple­mented pro­jects and their mar­ginal posi­tion as rather old fashioned modes of repro­duc­tion. War­burg, as also Didi-Huberman states, was dealing with the tra­di­tional, linear model of art history and closed reper­tory of cano­nical art­works. The loo­se­ning of the formal links as were pre­sented on pages of the gra­phic tables led to the aes­the­tics of the detail and inter­ch­an­ging rela­tions bet­ween objects pre­sent at Warburg’s tables.
The imple­men­ta­tion of digi­tised collec­tions of art­work was, as it seems, only a sub­se­quent change in art his­to­rical nar­ra­tives when it led to the mani­festo of the digital art history pro­posed by Lev Mano­vich and the pro­po­si­tion of using a meta-data and com­pu­ting stra­te­gies of ana­lysis with the pre­sup­po­si­tion that it can lead to more demo­cratic and fully empi­rical rese­arch. Claire Bishop’s cri­tique, alt­hough it listed short­co­mings of the ‘digital art history’ is ano­ther proof for the long-las­ting history of the rela­tion of repro­duc­tive medium – the notion of art­work – and stra­te­gies and methods of its analysis.

Mag­da­lena Kun­ińska, Jagiel­lo­nian Uni­ver­sity, Cracow: gra­duated art history and phi­lo­sophy at the Jagiel­lo­nian Uni­ver­sity, Cracow and cur­r­ently is an Assi­stant Pro­fessor in the Faculty of Art History at the Jagiel­lo­nian Uni­ver­sity in Cracow. She wrote her PhD dis­ser­ta­tion on Marian Sokołowski’s history of art and in 2012, was awarded the Szc­zęsny Dettlof prize for the best work by a young art his­to­rian in Poland (published in Polish in 2014). She is the author of a number of arti­cles on Cen­tral Euro­pean art his­to­rio­graphy, inclu­ding publi­ca­tions for ‘Journal of the Art His­to­rio­graphy’. She was a team member for the Wojciech Bałus’ pro­ject ‘From the Mate­rial to the Imma­te­rial Medium. Changes in art in the Second Half of the 20th cen­tury and the Dis­course of Art History’ (2016 – 2018). She was also a senior rese­ar­cher for the ERC pro­ject ‘Art His­to­rio­gra­phies in Cen­tral and Eas­tern Europe An Inquiry from the Per­spec­tive of Ent­an­gled His­to­ries’ held in New Europe Col­lege, Bucha­rest 2018 – 2021. Main field of inte­rests: history of art history, theory of art, anthro­po­logy of visual culture.

Credits

Ver­an­staltet von:

Pro­gramm­ko­mitee

Prof. Dr.-Ing. Piotr Kuroczyński
Archi­tek­tur­in­stitut der Hoch­schule Mainz
Univ.-Prof. Dr. Mat­thias Müller
Institut für Kunst­ge­schichte und Musikwissenschaft
der Johannes Guten­berg-Uni­ver­sität Mainz
Lorenz Frank, M.A.
His­to­ri­sche Bau­for­schung, Mainz
Für den Arbeits­kreis deut­scher und polnischer
Kunst­his­to­riker und Denkmalpfleger
Prof. Dr. Piotr Korduba
Institut für Kunstgeschichte,
Adam-Mickie­wicz-Uni­ver­sität Posen
PD Dr. Beate Störtkuhl
Bun­des­in­stitut für Kultur und Geschichte
der Deut­schen im öst­li­chen Europa, Oldenburg

Pro­jekt­ko­or­di­na­tion

Dipl.-Soz. Manuela Maier
Archi­tek­tur­in­stitut der Hoch­schule Mainz

Gestal­tung

Michael Sherman, M. A.
Archi­tek­tur­in­stitut der Hoch­schule Mainz

in Koope­ra­tion mit:

Arbeits­kreis deut­scher und polnischer
Kunst­his­to­riker und Denkmalpfleger
Gene­ral­di­rek­tion Kul­tu­relles Erbe Rheinland-Pfalz –
Lan­des­mu­seum Mainz
Arbeits­gruppe Digi­tale 3D-Rekonstruktion

Geför­dert von:

Beauf­tragte der Bundesregierung
für Kultur und Medien
Prä­si­dentin der Hoch­schule Mainz
Kul­tur­fonds Peter E. Eckes



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